Auf dem Weg zu innovativer Lehre – hochkarätiger Instruktions-Designer zu Besuch in Freiburg

J. van MerrienboerEine innovative Lehrerausbildung, in deren Mittelpunkt Professionsorientierung und Kohärenz stehen, dies ist die Zielsetzung des FACE-Projekts „Freiburger Lehramtskooperation in Forschung und Lehre [FL]2 – Kohärenz und Professionsorientierung“, welches durch das BMBF gefördert wird. Doch wie sieht der Weg zu solch einem hohen Ziel aus?

Das Programm „Lehren Lecturer“ des Stifterverbands ermöglichte im März dieses Jahres den Besuch von einem der bekanntesten Vertreter modernen Instruktions-Designs: Jeroen van Merriёnboer (Maastricht University). Während seines drei-tägigen Besuchs diskutierten vor allen Dingen Akteure der aktuellen Lehrerbildungsreform, wie innovative Lehre im Rahmen des Freiburg Advanced Center of Education (FACE) aussehen könnte. Im Zentrum seines Besuchs stand die Frage:

Wie muss Lehre gestaltet sein, damit angehende Lehrerinnen und Lehrer nicht nur Wissen erwerben, sondern dies auch im späteren Berufsleben in der Schule anwenden können?

Antworten auf diese Frage wurden im Rahmen eines Vortrags und zwei daran anknüpfenden Workshops diskutiert.
Die Kernantwort auf die Frage ist simpel und komplex zugleich: Damit Studierende Wissen anwenden können (sprich: Kompetenzen erwerben), ist es wichtig, sie durch authentische und ganzheitliche Lernaufgaben mit Situationen zu konfrontieren, in denen sie die zu erlernenden Kompetenzen benötigen. Damit die Studierenden jedoch mit den Situationen nicht überfordert sind, ist eine nach und nach abnehmende Unterstützung und Anleitung notwendig.

Das 4-Komponenten-Instruktions-Design-Modell (4C/ID)

Wie nun konkret vorgegangen werden kann, um solch eine Lehre zu entwickeln, schildert das von Jeroen van Merriёnboer entwickelte 4-Komponenten-Instruktions-Design-Modell (4C/ID-Modell). Wie der Name bereits andeutet, beschreibt das Modell vier Komponenten, aus denen jede Lernumgebung aufgebaut sein sollte:

  • Authentische und ganzheitliche Lernaufgaben: Diese Komponente bildet die Basis der Lernumgebung. Die Studierenden arbeiten sich von Lernaufgabe zu Lernaufgabe (anstatt im traditionellen Sinne von Thema zu Thema). Jede Lernaufgabe beruht auf realen Situationen aus dem späteren Berufsleben (z.B. Schule) und umfasst somit mehrere Themen. Daher findet eine Integration von verschiedenen Gegenstandsbereichen statt. Lernaufgaben werden dabei mit steigendem Komplexitätsgrad sequenziert und zeichnen sich durch eine hohe Variabilität untereinander aus. Mit zunehmender Expertise der Studierenden nimmt die Unterstützung bei der Bearbeitung der Lernaufgaben durch die Lehrperson ab.
  • Unterstützende Informationen: Sie helfen die Lernaufgabe zu bewältigen, indem sie erklären, welche Themen mit der Aufgabe in Bezug stehen, wie die zu erlernende Domäne organisiert ist und wie Probleme in dieser angegangen werden. Für die Studierenden sind sie ständig verfügbar. Die unterstützenden Informationen entsprechen in traditionellen Lernumgebungen der typischen ‚Theorie‘.
  • Prozedurale Informationen: Diese Komponente ist erforderlich, um wiederkehrende Aspekte der Lernaufgabe zu meistern, denn sie gibt durch Schritt-für-Schritt Instruktionen an, wie diese ausgeführt werden müssen. Daher werden prozedurale Informationen ‚just in time‘ während der Bearbeitung der Lernaufgabe bereitgestellt und nehmen ab, sobald die Lernenden mehr Routine erlangt haben.
  • Üben von Teilaufgaben: Falls bei einigen Aspekten der Lernaufgabe ein hohes Maß an Automatisierung erforderlich ist, kann dies durch das Üben von Teilaufgaben erzielt werden. Vorab müssen die Lernenden den Zusammenhang der Teilaufgabe mit der gesamten Lernaufgabe verstanden haben.

Das 4C/ID-Modell führt zur Anwendung von Wissen (Kompetenzaufbau), indem Studierende mit authentischen Lernaufgaben konfrontiert werden, durch unterstützende und prozedurale Informationen bei der Bearbeitung der Lernaufgaben an- und begleitet werden und mittels Üben von Teilaufgaben einen hohen Automatisierungsgrad erzielen.

Neben dem Kompetenzaufbau wird durch die Anwendung des 4C/ID-Modells an den beiden Hauptzielen des FACE-Projekts „Freiburger Lehramtskooperation in Forschung und Lehre [FL]2Kohärenz und Professionsorientierung gearbeitet:

Kohärenz: In jeder beruflichen Situation müssen Lehrkräfte spontan auf ihr fachwissenschaftliches, fachdidaktisches und bildungswissenschaftliches Wissen zurückgreifen und dies anwenden, um professionell agieren zu können. Wenn diese realen beruflichen Situationen als Ausgangspunkt für die Entwicklung authentischer Lernaufgaben genommen werden, muss auch hier eine Integration von fachwissenschaftlichem, fachdidaktischem und bildungswissenschaftlichem Wissen stattfinden.

Professionsorientierung: Die konsequente Orientierung an realen beruflichen Situationen im Schulalltag bei der Entwicklung von Lernaufgaben zieht automatisch eine Professionsorientierung mit sich.

Auf Grund dieser außerordentlich guten Passung zwischen den Hauptzielen des Projekts und dem 4C/ID-Modell gestalten einige Teilprojekte der Kernmaßnahme „Lehrkohärenz” im Freiburger Projekt der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ des BMBF ihre Projekte auf Basis des innovativen 4C/ID-Modells. Der Austausch mit dem Experten Jeroen van Merriёnboer war eine optimale Bereicherung und Antriebsmotor für diese Projekte. Sie strahlen als Lichter in die Lehrerbildung von FACE und sollen weitere Lehrprojekte mit dem Kerngedanken des Modells entflammen.

Weitere Informationen zum 4-Komponenten-Instruktions-Modell:

 

  • Autorin: Christiane Klein
  • Foto: Brian Barnhart

Gefördert vom BMBFDas Projekt “Freiburger Lehramtskooperation in Forschung und Lehre [FL]2 – Kohärenz und Professionsorientierung” wird im Rahmen der gemeinsamen “Qualitätsoffensive Lehrerbildung” von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.