Berufliche Bildung: Wesentlicher Erfolgsfaktor der deutschen Wirtschaft

Gut ausgebildete Lehrkräfte an beruflichen Schulen sichern die Qualität des Unterrichts und tragen damit wesentlich zum Erfolg der deutschen Wirtschaft bei. Das breite Tätigkeitsspektrum von Berufsschullehrkräften erfordert dabei ein exzellentes und inhaltlich breit ausgerichtetes fachwissenschaftliches Studium, das auf den Lehramtsberuf differenziert zugeschnitten sein sollte. Genauso wichtig ist eine ausgeprägte pädagogische Professionalisierung. Um diesen Ansprüchen künftig noch besser gerecht zu werden, werden im Projekt “FACE – Berufliches Lehramt” die beruflichen Lehramtsstudiengänge (gewerblich-technische Fachrichtungen) der Pädagogischen Hochschule Freiburg und der Hochschule Offenburg systematisch weiterentwickelt und Unterstützungsstrukturen für die angehenden Lehrkräfte geschaffen. Sechs Kernmaßnahmen werden innerhalb der Laufzeit des Projekts vom 01.03.2020 bis 31.12.2023 bearbeitet und umgesetzt.

Ausgangslage

Die berufliche Bildung in Deutschland gilt als ein wesentlicher Erfolgsfaktor der deutschen Wirtschaft und genießt weit über Deutschland hinaus ein hohes Ansehen. Die Qualität der Berufsausbildung hängt jedoch mit der Qualität des Unterrichts an beruflichen Schulen zusammen (Monitor Lehrerbildung 2017, S. 3). Um diese zu gewährleisten, bedarf es gut ausgebildeter Lehrkräfte, deren Rekrutierung, Professionalisierung und Persönlichkeitsentwicklung eine große Herausforderung darstellen. So existiert insbesondere im gewerblich-technischen Bereich seit Jahrzehnten ein erheblicher Lehrkräftemangel und hier vornehmlich in den Berufsfeldern Metall- und Elektrotechnik. Zurückgeführt wird dies einerseits auf die Interessen der angehenden Studierenden. Wer den Lehrberuf und damit pädagogisch-praktische Tätigkeiten in den Blick nimmt, weist in der Regel soziale Interessen auf. Diese treten allerdings selten in Kombination mit dem Interesse an ingenieurwissenschaftlich-technischen Inhalten auf (vgl. Holland 1997). Andererseits werden die geringen Studierendenzahlen für das Lehramt an beruflichen Schulen auch auf die mangelnde Attraktivität des betreffenden Studiums und des Berufsbildes zurückgeführt. Während kurzfristige Maßnahmen die Hürden eines Studiums herabsetzen und den Einstieg in den Lehrberuf erleichtern sollen, ist langfristig auch die Erhöhung des Images des Berufsbildes notwendig (vgl. Monitor Lehrerbildung 2017, S. 17).

Weg in die berufliche Bildung: Vollzeitstudium

Lehrende an beruflichen Schulen werden auf ein Berufsfeld vorbereitet, das sich durch berufsvorbereitende Maßnahmen (Berufsvorbereitungsjahr, Berufseinstiegsjahr, Berufsgrund­bildungsjahr) bis hin zu Bildungsgängen auszeichnet, in denen die Allgemeine oder Fachgebundene Hochschulreife bzw. die Fachhochschulreife (je nach Bundesland Technisches Gymnasium, Berufliches Gymnasium, Fachgymnasium, Berufskolleg, Fachoberschule und weitere) erworben wird. Dieses breite Tätigkeitsspektrum erfordert sowohl eine exzellente und inhaltlich breite sowie auf den Lehramtsberuf differenziert ausgerichtete fachwissenschaftliche Ausbildung als auch eine ausgeprägte pädagogische Professionalisierung. Ein Studium für das Lehramt an beruflichen Schulen umfasst immer eine (erste) berufliche Fachrichtung sowie ein Unterrichtsfach oder eine weitere (dann zweite) berufliche Fachrichtung sowie die Bildungswissenschaften mit Schwerpunkt Berufs- und Wirtschaftspädagogik inklusive der jeweiligen Fachdidaktiken und Schulpraxis und ist deshalb von jeher anforderungsreich. Zudem bedingen die Lehramtsausbildung und der spätere Lehramtsberuf insgesamt doch einen recht langen Ausbildungsweg durch das mindestens 10-semestrige Studium, den anschließenden Vorbereitungsdienst und die in allen Bundesländern vorab des Referendariats geforderte fachpraktische Tätigkeit auf Facharbeiterebene im Umfang von mindestens 52 Wochen.

Derzeitige Einstellungssituation

Auf Grund der o. a. Faktoren, den dargelegten hohen Anforderungen des Studiums und der in vieler Hinsicht anspruchsvollen Berufstätigkeit, fällt es den Universitäten seit jeher schwer, ausreichenden Nachwuchs für ein entsprechendes Studium und den Vorbereitungsdienst zu gewinnen. Alle Bundesländer sind daher seit Jahrzehnten gezwungen, mehr als 50 % des Gewerbelehramtsbedarfs durch Quer-, Direkt- und Seiteneinsteiger[1] ohne grundständiges Lehramtsstudium zu decken.

Rolle der School of Education FACE mit dem neuen Projekt „FACE Beruf“

Den Anforderungen des Studiums sowie den herzustellenden Verknüpfungen zwischen den einzelnen Studienanteilen bis hin zur schulpraktischen Ausbildung, den hierzu notwendigen Abstimmungen zwischen den direkt beteiligten Institutionen und externen Partnern sowie weiteren Sachebenen, bspw. der Ausdifferenzierung von Unterstützungsstrukturen oder der verstärkten Integration von Inklusion und Heterogenität, widmet sich das Projekt „FACE-Beruf“ mit folgenden Schwerpunktsetzungen (vgl. Abb. 1):

Abbildung 1: Übersicht Projekt „FACE - Berufliches Lehramt", eigene Darstellung

Die bestehenden Curricula werden insbesondere zur weiteren Steigerung von Kohärenz und im Hinblick auf eine verstärkte Professionsorientierung weiterentwickelt.

Die Querschnittsbereiche Heterogenität/Inklusion sowie Deutsch als Zweit- und Fremdsprache werden in Lehrveranstaltungen systematisch integriert.

Damit ein differenzierteres phasenübergreifendes, kompetenzorientiertes und kohärentes Curriculum ausgestaltet werden kann, ist eine stärkere systematische Abstimmung zwischen allen Akteur*innen der Beruflichen Lehramtsausbildung (PH FR, HAW OG, Staatliches Seminar und Schulpraxisschulen) über alle Ausbildungsphasen (Studium, Schulpraxis, Referendariat) notwendig.

Das Praxiskolleg von FACE stellt eine nachhaltige Zusammenarbeit aller Akteur*innen der Beruflichen Lehramtsausbildung sicher. Hierbei wird die Auseinandersetzung mit schulischen Entwicklungsthemen und Kooperationen mit Wissenschaftler*innen angestrebt, um eine systematische Schul- und Unterrichtsentwicklung im beruflichen Schulwesen zu erreichen.

Die Entwicklung eines Pilotstudiengangs mit integrierter Berufsausbildung findet unter reflexivem Rückbezug auf die Ergebnisse der Kernmaßnahmen (A1, A2 und A3) sowie unter Abstimmung mit den zuständigen Ministerien und staatlichen Stellen statt. Die Herausforderung hierbei ist, die entsprechenden Ausbildungsphasen zu ermöglichen und/oder Teile davon bereits in das Studium zu integrieren.

Ein differenziertes Marketing, ein Mentoringprogramm bis hin zur Konzeptualisierung und nachhaltigen Etablierung einer sogenannten „Technik-Erlebniswelt“ für Schüler*innen sollen sowohl bei der Wahl der Studienentscheidung als auch deren Stabilisierung im Verlauf des Studiums unterstützen.

Prof. Dr. Andy Richter
Prof. Dr. Andy Richter
Lange, Carsten
Carsten Lange, M. Sc.

Weitere Informationen

Am 01.03.2020 ist die dritte Phase der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ mit dem Schwerpunkt „Berufliches Lehramt“ gestartet. Mithilfe der Förderung, welche die School of Education FACE einwerben konnte, werden am Standort Freiburg in den nächsten Jahren die beruflichen Lehramtsstudiengänge in den gewerblich-technischen Fachrichtungen der Pädagogischen Hochschule Freiburg und der Hochschule Offenburg weiterentwickelt. Durch gezielte Maßnahmen sollen Studierende unterstützt und weitere Studierende für die Fachrichtungen begeistert werden.

Weitere Beiträge zum Thema

Quellen

Holland, J. L. (1997):
Making Vocational Choices: A Theory of Vocational Personalities and Work Environments. 3rd ed. Odessa, Fla.: Psychological Assessment Resources. 1997.

Monitor Lehrerbildung (2017):
Attraktivität und zukunftsorientiert?! – Lehrerbildung in den gewerblich-technischen Fächern für die beruflichen Schulen. Verfügbar unter: https://www.monitor-lehrerbildung.de/export/sites/default/.content/Downloads/Broschuere-Lehrerbildung-in-den-gewerblich-technischen-Faechern_final.pdf (Zugriff am: 25.09.2020).

[1]  Auch durch den Bildungsföderalismus unterscheiden sich die jeweiligen Bezeichnungen in den einzelnen Bundesländern und kennzeichnen teilweise mit gleichen Begriffen differente Maßnahmen.