Lehren und Lernen am Fall – Kasuistik in der inklusionsorientierten Lehrer*innenbildung

Am 03. Dezember 2019 diskutierten Dozierende der Freiburger Hochschulen über Möglichkeiten und Grenzen von Kasuistik in der inklusionsorientierten Lehrer*innenbildung und die konkrete Umsetzung der Fallarbeit an den Hochschulen. Zwei Vorträge sowie die exemplarische Arbeit an einem Fallbeispiel lieferten Impulse für die Weiterentwicklung inklusionsorientierter Lehrer*innenbildung am Standort und boten spezifische und fachübergreifende Perspektiven auf Inklusion und Deutsch als Zweitsprache im Fachunterricht.

Zur Veranstaltung kamen Dozierende von Pädagogischer Hochschule Freiburg und Albert-Ludwigs-Universität Freiburg der Fächer Musik, Sport, Deutsch als Zweit- & Fremdsprache, Technik, Erziehungswissenschaft sowie Kolleg*innen, die sich mit Fragen der Gestaltung der Praxisphasen im Lehramtsstudium und der Fort- und Weiterbildung von Lehrpersonen beschäftigen, an der Pädagogischen Hochschule zusammen. Organisiert  wurde die Veranstaltung durch das Teilprojekt L4 „Inklusion und Umgang mit Heterogenität in den Fächern“, welches im Rahmen des Freiburger Verbundvorhabens in der zweiten Förderphase der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ unterstützt wird.

Die Vorträge von Jun.-Prof.’in Dr. Anja Hackbarth (Johannes-Gutenberg-Universität Mainz) und Jun.-Prof.’in Dr. Maxi Kupetz (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) sowie die exemplarische Arbeit an einem Fallbeispiel lieferten Impulse für die Diskussion um die Gestaltung und Weiterentwicklung inklusionsorientierter Lehrer*innenbildung.

Unter dem Titel „Inklusion im Fall. Kasuistische Seminarformate auf dem Prüfstand“ wies Anja Hackbarth eingangs auf das empirische Desiderat sowie die ausstehende professionstheoretische Modellierung von kasuistischer Lehrer*innenbildung im Kontext von Inklusion hin. Einführend unterschied sie weiter zwei Lesarten der Kasuistik: die rekonstruktive und die pädagogisch-reflexive Kasuistik. Durch einen Einblick in das Diskursfeld zu Inklusion schlug die Vortragende den Bogen zu einem Beispiel aus ihrer Studie „Inklusion im Fall – Kasuistische Reflexivität“. Anhand einer Gruppendiskussion Studierender im Anschluss an den Film „Berg Fidel – eine Schule für alle“ erhielten die Teilnehmenden exemplarisch Einblicke in die durch die Fallarbeit initiierten Aushandlungsprozesse und Wahrnehmungen der Studierenden.

Maxi Kupetz stellte in ihrem Vortrag „Gesprächsanalytisch orientierte Fallarbeit zur Interaktion im sprach- und fachintegrierten Unterricht“ zunächst die Ziele der ersten Förderphase der kasuistischen Lehrerbildung für den inklusiven Unterricht (KALEI) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vor. Anschließend an erste Überlegungen zum Zusammenhang von Inklusion und Sprache führte sie in die Gesprächsanalyse, den forschungsmethodischen Hintergrund ihrer kasuistischen Arbeit, ein. Anhand zweier Sequenzen aus dem sprach- und fachintegrierten Unterricht sowie einer Deutsch als Zweitsprache-Fördersituation wurden Umsetzungsmöglichkeiten einer gesprächsanalytisch orientierten Fallarbeit im Kontext von Sprachbildung veranschaulicht und herausgearbeitet, warum eine Sensibilisierung für Interaktion im sprach- und fachintegrierten Unterricht sinnvoll erscheint.

In der Diskussion wurden allgemeine Fragen nach den Möglichkeiten und Grenzen von Kasuistik in der inklusionsorientierten Lehrer*innenbildung ebenso verhandelt wie die konkrete Umsetzung der Fallarbeit an der Hochschule. Für die interdisziplinäre Zusammenarbeit am Standort Freiburg ergeben sich aus der Diskussion weiterführende Impulse, an denen zu Beginn des kommenden Jahres weitergearbeitet wird. Die hochschul- und fächerübergreifende Kooperation zur Kasuistik in der inklusionsorientierten Lehrer*innenbildung fand im Sommersemester 2019 ihren Auftakt. Für die künftige Arbeit bietet sich die Auseinandersetzung mit Fällen aus den vertretenen Fächern an. Hierdurch können sowohl spezifische als auch fächerübergreifende Perspektiven auf Inklusion und Deutsch als Zweitsprache im Fachunterricht herausgestellt sowie kasuistische Zugänge in der inklusionsorientierten Lehrer*innenbildung weiterentwickelt werden.

Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit werden u.a. in folgendem Band veröffentlicht werden:

Großhauser, Anna; Köpfer, Andreas & Siegismund, Hanna (2020, in Vorb.): Inklusion und Deutsch als Zweitsprache als Querschnittsaufgaben in der Lehrer*innenbildung – Konzeptuelle Entwicklungslinien und hochschuldidaktische Zugänge. Trier: WVT.

Ansprechpartner*innen

Anna Großhauser (anna.grosshauser@ph-freiburg.de)
Hanna Siegismund (hanna.siegismund@ph-freiburg.de)
Jun.-Prof. Dr. Andreas Köpfer (andreas.koepfer@ph-freiburg.de)
Teilprojekt L4 „Inklusion und Umgang mit Heterogenität in den Fächern“