Was sich auftut, wenn Lehrkräfte systemisch auf „Schule“ blicken – Fortbildung „Systemisches Denken und Handeln in der Schule“

Referentin Katja Schuster

„Systemisches Denken und Handeln in der Schule“ – unter diesem Titel fand an drei Nachmittagen im Februar und (Corona-bedingt verschoben) im Oktober 2020 die FACE-Lehrkräfte-Fortbildung an der Pädagogischen Hochschule Freiburg unter Leitung von Katja Schuster, Beratungslehrerin und Systemische Beraterin statt. 

Die Fortbildung richtete sich an Lehrkräfte und pädagogisches Personal (z.B. SchulsozialarbeiterInnen) aus allen Schultypen. Die Teilnehmer*innen erlernten einen systemischen Blick auf ihr berufliches Umfeld und über Rollenspiele die konkrete Umsetzung von Gesprächstechniken aus der systemischen Beratung für den Schulalltag.

Was ist überhaupt ein „Systemund welche Relevanz hat der systemische Blick für meinen Schulalltag? Und inwiefern unterscheidet sich ein systemischer Beratungsprozess von den „normalen“ Schüler*innen/Elterngesprächen in unserem Alltag? Inwiefern ist der systemische Blick hilfreich?

In der ersten Sitzung ging es vor allem um das Verständnis, dass Kommunikation und Verhalten im System Schule (Kollegium, Klasse, Schüler*innen, Familien etc.) ein Ausdruck der kommunikativen Prozesse der am jeweiligen System Beteiligten ist und innerhalb des jeweiligen Systems auch eine Funktion hat (die uns nicht immer augenfällig erscheint).

Mit dieser Grundannahme können z.B. viele sog. „Verhaltensauffälligkeiten“ von Schüler*innen unter einem ganz neuen Blickwinkel betrachtet werden. Diese Verhaltensweisen (aber auch von Lehrkräften, Mitschüler*innen, Eltern etc.) werden neugierig und nicht-wissend in ihrem Kontext „erforscht“ – die Lehrkraft wird zur*zum Beobachter*in im System und über die Zirkularität von kommunikativen Prozessen nimmt sie durch ihre Haltung und Agieren Einfluss auf das System. Konkrete Anwendung fanden diese Grundbegriffe und Haltungen in Rollenspielen, in denen Lehrkraft-Schüler*in-Gespräche simuliert und dabei von den Teilnehmer*innen systemische Gesprächstechniken eingesetzt wurden (Zirkuläre Fragen, Wunderfrage, Ausnahmefragen, Ressourcen- und Lösungsorientierung).

In den darauf folgenden drei Wochen wandten die Teilnehmer*innen systemische Techniken in konkreten Situationen an und reflektierten die Unterschiede zu „typischen“ Denk- und Handlungsweisen.

Am zweitem Fortbildungsnachmittag erfolgte die Einbettung des Beratungsprozesses in den systemtheoretischen Hintergrund. Wie entsteht Wahrnehmungswissen? Welche systemtheoretischen Hintergründe gibt es aus anderen Fachbereichen, die auf soziale Systeme übertragen wurden? Und wie „passiert“ eigentlich Beratung im System Schule? Diese Ausweitung der Perspektive ermöglicht einen systemischen Blick auf die ganze Schule, das Kollegium, die Schüler*innenschaft und vor allem die darin stattfindenden Prozesse. An konkreten Einzelbeispielen wurde verdeutlicht, inwiefern ein einzelner „Fall“ nie ein isoliertes „Problem“ darstellt, sondern immer im Kontext erfasst und wahrgenommen werden sollte.

Beim dritten Termin, der Corona-bedingt erst im Oktober und unter entsprechenden Hygieneregeln stattfand, wurden verschiedene Kommunikationsmodelle behandelt (Virginia Satir) und im Hinblick auf Gespräche mit Eltern analysiert. Warum ist es oftmals schwierig, mit Eltern konstruktive, lösungsorientierte Gespräche zu führen? Was steckt hinter den Vorwürfen, die Eltern oft machen, was steckt hinter unseren individuellen Reaktionen darauf? Wie in der ersten Sitzung wurde hier manche*r Teilnehmer*in dazu angeregt, sich mit den eigenen Rollenbildern und Wertevorstellungen auseinanderzusetzen. Die theoretischen Modelle fanden erneut praktische Anwendung über konkrete Rollenspiele, die direkt aus dem Berufsalltag jeder Lehrperson stammen und in denen wiederum systemische Gesprächstechniken, aber auch Haltungen (z.B. Wertschätzung) erprobt wurden.

Insgesamt konnten die Teilnehmer*innen einen anderen Blick, eine andere Haltung in Bezug auf Schule als System kennenlernen und damit neue Sichtweisen und Handlungsoptionen für kommunikative Prozesse in der Schule mitnehmen.

Aktuell arbeiten Studierende der PH Freiburg zusammen mit der Referentin daran, die Fortbildung auf ein Blended Learning Konzept umzustellen, so dass sie erneut angeboten werden kann.

 

Aus der Evaluation:

„Tolle Mischung aus Input und Exploration“

„Besonders gefallen hat mir der wertschätzende Umgang.“

„Es gab viel Raum für mitgebrachte Themen.“