“Es ist ein Geschenk, drei Jahre lang zu forschen und an einem solchen Projekt zu arbeiten”

Promovieren eröffnet viele Türen und bietet zahlreiche Möglichkeiten. Die empirische Bildungs- und Unterrichtsforschung findet in der School of Education FACE in enger Verbindung mit der Lehrerinnenbildung und in intensivem Austausch mit der Praxis statt. Zahlreiche Forschungsprojekte bieten die Möglichkeit zur Promotion an einer der Partnerhochschulen. In unserer Reihe berichten Doktorandinnen von ihren Erfahrungen. Heute: Simon Krickl, der an der Pädagogischen Hochschule im Forschungs- und Nachwuchskolleg Di.ge.LL. “Didaktik des digitalen Unterrichts” im Fach Musik promoviert.

Simon Krickl (Foto:privat)

Lieber Herr Krickl, Sie befinden sich aktuell im zweiten Jahr Ihrer Promotion. Wie war Ihr bisheriger Werdegang, der Sie zu der Promotion geführt hat?

Nach meinem Lehramtsstudium in den Fächern Musik, Sport und Deutsch habe ich mich im Rahmen eines Magisterstudiums unter anderem im Bereich der Fachdidaktik Musik vertieft. Direkt im Anschluss begann ich mein Referendariat und unterrichtete einige Jahre Musik und Sport an einer Realschule im Raum Stuttgart. Musik ist meine Leidenschaft, und ich habe immer viel künstlerisch gearbeitet, in unterschiedlichen Formationen musiziert, Musik komponiert und produziert. Neben der pädagogischen Arbeit war das immer ein wesentlicher Bestandteil für mich. Schließlich zog es mich nach Berlin, wo ich Margret Rasfeld und die Initiative “Schule im Aufbruch” kennenlernte. Durch Margret Rasfeld wurde ich auch auf die Evangelische Schule Berlin (ESBZ) aufmerksam. Im Gegensatz zu meinen bisherigen Erfahrungen an Schulen und den eher engen Gestaltungsmöglichkeiten, stieß ich hier auf eine Schulkultur, die viel Raum für Gestaltung bot. Das waren sehr lehrreiche Jahre für mich, eine Schule, die mich nachdrücklich inspiriert hat, und an der progressiv, mutig gedacht und gehandelt wird.

 Warum haben Sie sich schlussendlich für die Promotionsstelle beworben?

Ich habe bereits während meines Studiums bemerkt, dass es mir Spaß macht, mich mit soziologischen und pädagogischen Themen auseinanderzusetzen. Ich habe Hochschulen immer als Orte verstanden, an denen über gesellschaftliche Missstände und Herausforderungen nachgedacht wird und Ideen sowie Lösungen für bestehende und zukünftige Probleme entwickelt werden. Als ich von dem Forschungsvorhaben erfahren habe, war mir klar, dass es eine tolle Chance sein könnte, eine nachhaltige und nichtkommerzielle webbasierte Ressource für Bildungseinrichtungen zu entwickeln und zu erforschen.

 Worum geht es in Ihrem Projekt?

Ich bin im Promotionskolleg Di.ge.LL – Digital gestützte Lehr-Lern-Settings mit dem Schwerpunkt kognitive Aktivierung. Wir forschen zu digitalen Tools und wie diese bei der Einführung neuer Inhalte unterstützen können. In meinem Projekt geht es um die Frage, wie ein Instructional Design für selbstentdeckendes Lernen innerhalb einer holistischen webbasierten Lernumgebung gestaltet werden kann und wie sich offene und geschlossene Aufgabenstellungen auf das Kompetenzerleben innerhalb der Lernumgebung auswirken.

Im Prozess des Samplings und Sequencings von Klängen und Geräuschen werden die Jugendlichen mit grundlegenden Elementen und Konzepten von Rhythmen & Harmonien konfrontiert. Gemeinsam mit einem Freund habe ich dazu einen Prototyp entwickelt, der in einen webbasierten Lernpfad eingebettet ist.

Wir konnten für das Projekt Mittel einwerben und haben nun auch die Möglichkeit, die Lernumgebung weiter auszubauen und anzureichern. Perspektivisch wollen wir Brücken bauen, indem wir zum Beispiel Ressourcen bieten, wie man Inhalte auf ein (analoges) Instrument übertragen kann und auch fernab des Bildschirms zu musizieren motiviert wird.

Sie sind Teil eines Promotionskollegs. Welche Unterstützung bietet es Ihnen bei Ihrem Vorhaben und den damit verbundenen Herausforderungen?

Das Kolleg stellt eine unterstützende Infrastruktur bereit und dient als hervorragende Plattform für methodische Fragen. Der Umgang untereinander ist äußerst konstruktiv und unterstützend, was ich sehr schätze. Durch den interdisziplinären Ansatz erhalte ich Einblicke in unterschiedliche Fachperspektiven, was meinem eigenen Projekt stets neue Impulse verleiht.

Eine besondere Herausforderung während der Promotion sehe ich im Umgang mit Unsicherheit, insbesondere zu Beginn des Forschungsprozesses. Es erfordert, kontinuierlich neue Fragen zu stellen und offen für neue Erkenntnisse zu bleiben. Die Angebote des Promotionskollegs, wie der Austausch, die Retreats und das CoWi:PH Coaching für Wissenschaftler:innen, haben mir dabei geholfen, besser mit diesen Herausforderungen umzugehen. Auch die Verbindungen innerhalb der Musikdidaktik habe ich äußerst offen und unterstützend erlebt, und die Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen der Pädagogischen Hochschule und der Hochschule für Musik Freiburg ist wirklich ausgezeichnet.

Das Kolleg bietet ein strukturiertes Programm und gab mir gleichzeitig die Freiheit, meinen eigenen Weg zu gehen. Ich hatte nie das Gefühl, dass es nur einen bestimmten Weg gibt. Es ist im Grunde ein Geschenk, drei Jahre lang zu forschen und an einem solchen Projekt zu arbeiten, auch wenn es immer wieder sehr herausfordernd ist.

Welche Pläne haben Sie nach der Promotion?

Ich habe jetzt noch ein Jahr für die Promotion, in dem ich an Veröffentlichungen arbeite und mein Thema auf Konferenzen vorstelle. Ich kann mir vorstellen, darüber hinaus an dem Projekt dranzubleiben und eine vielfältige, bunte OER-Plattform [Anmerkung: OER= Open Educational Ressources] für Musik aufzubauen, auf der sich interaktive Inhalte finden, die Einblicke in unterschiedliche Musikkulturen und Musikpraxen geben und zum Experimentieren und Musizieren motivieren. Mit den Erfahrungen aus dem Forschungsprojekt und dem bestehenden Netzwerk glaube ich, dass man eine tolle Plattform entwickeln könnte.

Ich möchte mir aber auch wieder mehr Zeit für künstlerische Projekte nehmen. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich aus diesen kreativen Phasen die besten Ideen und Impulse für die Forschung und Lehre ergeben.

Was würden Sie neuen Doktorand*innen und Promotionsinteressierten mit auf den Weg geben?

Ich glaube, es ist wichtig, dass man immer wieder aufs Neue ehrlich prüft, was einen genau interessiert und motiviert, sich richtig und gesund für einen selbst anfühlt und die Weichen entsprechend mutig stellt.

 Lieber Simon Krickl, vielen Dank für das Gespräch.