Prof. Dr. Wolfgang Hochbruck: Theater, Schulen, Hochschulen und sonstige Bühnenorte

In der Auftaktveranstaltung der Ringvorlesung „Theater und Schule“ im Wintersemester 2019/20 am 24. Oktober 2019 ging Prof. Dr. Wolfgang Hochbruck, der universitätsseitige Leiter des Praxiskollegs in der School of Education FACE, auf Drama als menschliche (und teilweise sogar tierische) Interaktionsform und auf Theater als besondere Räume für diese Interaktionsformate ein. Etwa 60 Studierende und Lehrkräfte folgten den unterhaltsamen Ausführungen und nahmen die angestoßenen Fragen mit nach Hause.

In seiner von vielen Bildbeispielen unterbauten Vorlesung ging Hochbruck auf Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Schulen, Sportstadien und Zirkusarenen, antiken und modernen Theaterbauten, das theatrale Potential öffentlicher Räume wie Straßen, Plätze, Restaurants und Bistros, und auf die zeitweilige Dominanz sakraler Bauten in der Theatergeschichte ein.

Die Vorlesung fragte nicht nur danach, ob wir für die diversen Rollen die wir (im Sinne der kanadischen Soziologen und Psychologen Eric Berne und Erving Goffman) spielen, auch adäquat vorbereitet und ausgebildet seien, sondern lieferte auch einen historischen Überblick über die Evolution theatraler Räume.

Von Ritualen an besonderen, ‚heiligen‘ Plätzen wie den stein- und bronzezeitlichen Henges und ähnlichen Lokationen entwickelten sich vor allem im Mittelmeerraum Theaterkulturen mit beachtlichen Bauten – der uns in Freiburg nächste ist das römische Theater in Kaiseraugst. Die auf die provinzialrömischen Theater folgende, fast 1000-jährige Lücke wurde durch theatrale Inszenierungen in Kirchen und anderen Sakralbauten überbrückt.

Hochbruck hob in der Theatergeschichte zwei Edikte als besonders richtungsweisend heraus: Die Untersagung von Theateraufführungen in Kirchen durch Papst Innozenz III im Jahre 1210 verschob die beliebten Oster-, Passions- und sonstigen religiösen Spiele aus dem Kirchenraum in öffentliche Räume und sorgte damit auch dafür, dass zunehmend Laien Spiel und Regieführung übernahmen. 1588 verbot dann Elizabeth I von England religiöse Spiele, was wiederum die Verbreitung weltlicher Texte beförderte und mit dafür sorgte, dass ortsfeste Spielstätten gebaut wurden – von wo die Theaterarchitektur bis zu den heutigen Bühnen reicht.

Im dritten Teil ging er kurz auf Schule als Theaterraum ein und erläuterte, dass Schulveranstaltungen unterschiedlich stark auf entweder Transmission oder Transaktion als lernkulturelle Grundlagen aufbauen. Den Abschluss bildete eine offene Forschungsfrage: inwieweit sind Übungen von Rettungsdiensten, Feuerwehr oder Militär eine Form des Theaters? Sie stellen das Verhältnis von Probe und Aufführung stückweise um, insofern bei Übungen mit Skripten, Rollenzuweisungen und Ablaufszenarien gearbeitet werden kann, während die ‚Aufführung‘ zwangsläufig ein manchmal hohes Maß an Improvisation erfordert.

Literatur

  • Goetsch, Paul. Bauformen des modernen englischen und amerikanischen Dramas. Darmstadt: WBG, 1992.
  • Mertin, „Alles nur Theater? Was Religion mit Theater zu tun hat“ Magazin für Theologie und Ästhetik 43, 2006 [https://www.theomag.de/43/am196.htm].
  • Zimmermann, Bernhard. Die griechische Komödie. Frankfurt: Verlag Antike, 2006.

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