Prof. Dr. Marc Kleinknecht: Videoreflexion und Videofeedback – Konzepte und Befunde zur Förderung didaktischer Kompetenzen von Lehrpersonen

Praxiskolleg Ringvorlesung WS 18/19 „Lehr- und Lernperspektiven – Impulse aus der Forschung für Schule und Unterricht“ am 21. Februar 2019

Am 21. Februar 2019 waren Prof. Dr. Marc Kleinknecht von der Leuphana Universität Lüneburg und Prof.in Silke Donnermeyer vom Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Freiburg (Gymnasium) im Rektorat der Universität zu Gast. Im Fokus von Vorlesung und anschließender Diskussion standen die Rolle des Feedbacks beim Kompetenzerwerb, das Erlernen effektiver Klassenführung in Praxisphasen sowie Experten- und Peer-Feedback als Instrument der Kompetenzentwicklung.

Die Rolle des Feedbacks beim Kompetenzerwerb

Prof. Dr. Marc Kleinknecht stellte zu Beginn seines Vortrags das Kompetenzerwerbsmodell nach Ericsson vor, das vier Komponenten für den Kompetenzerwerb als zentral ansieht: Erstens die Motivation, an seinen Kompetenzen zu arbeiten, zweitens Entwicklungsaufgaben auf seinem Kompetenzniveau auszuwählen bzw. ausgewählt zu bekommen, drittens sofortiges Feedback zu erhalten und viertens auf der Basis dieses Feedbacks die vorherige Aufgabe zu wiederholen. Wenn man das auf den Lehrberuf zu übertragen versucht, gibt es ein zweites Modell, das Kompetenz als Kontinuum beschreibt. Dabei müssen Motivation und Fachwissen in die jeweilige Unterrichtssituation hineingetragen und in die Praxis integriert werden. Zusätzlich werden sie ergänzt durch situationsspezifische Fähigkeiten. Die Herausforderung besteht also darin, Interpretation, Wahrnehmung und die Entscheidung über das entsprechende Handeln wissensbasiert gelingen zu lassen.

Erlernen effektiver Klassenführung in Praxisphasen

Prof. Kleinknecht stellte im weiteren Verlauf des Vortrags drei Ebenen vor, die angehende Lehrkräfte bei Unterrichtsplanung und -durchführung für eine effektive Klassenführung erlernen: Zum einen den Monitoring-Bereich, also Störungen präventiv und situationsadäquat zu behandeln, z.B. durch Blicke, Lob und Feedback. Darüber hinaus lernen Studierende in Praktika Kompetenzen zur organisatorischen Strukturierung, um einen schwungvollen Unterricht mit reibungslosem Ablauf zu erreichen. Dies erfordert eine gute Unterrichtsplanung sowie transparente Ziele und Prozesse. Hinzu kommt der dritte Bereich, mit Regeln und Routinen den Handlungsrahmen festzulegen, indem Regeln eingeführt und eingeübt werden. Welche Konsequenzen bei nicht Einhaltung von Regeln zu erwarten sind, sollte transparent sein. Diese drei Bereiche zu kennen und zu beachten, ist wichtig für eine gezielte Rückmeldung.

Experten- und Peer-Feedback als Instrument der Kompetenzentwicklung

Prof. Dr. Marc Kleinknecht stellte im weiteren Verlauf erste Ergebnisse einer Studie (V-Reflect) vor, in der die Wirkungen verschiedener Arten von Feedback zu Unterrichtserprobungen in den Praxisphasen von Lehramtsstudierende untersucht wurde. Die Studierenden reflektieren mit der 3-Schritt-Analyse (Beschreiben, Interpretieren und Aufzeigen von Handlungsalternativen) selbstgewählte Videosequenzen ihrer Unterrichtserprobungen unter bestimmten Fragestellung und erhalten dazu Peer- und Experten-Feedback. In der Studie wurden darüber hinaus auch die videobasierte Eigenanalyse der Eigenanalyse aus der Erinnerung gegenübergestellt. Es zeigte sich, dass  sich die Gruppen, die Feedback von Experten bekommen haben, deutlich mehr verbessert haben, als die Gruppe mit Peer-Feedback. Außerdem zeigte sich ein großer Einflussfaktor der Feedbackqualität. Prof. Kleinknecht stellt heraus, dass diese empathisch, aktivierend und konkret sein muss, um angenommen zu werden. Die Fokussierung auf eine Situation, das anpassen des Feedbacks auf das Gegenüber und das Aufzeigen von Handlungsalternativen, führt dazu, dass das Feedback angenommen und umgesetzt werden kann. Prof. Kleinknecht resumierte, dass Novizen von systematischem, strukturiertem Experten-Feedback profitieren. Peer-Feedback könne aber auch im Rahmen von Lehrer*innenfortbildungen angewendet werden und dort andere Themen ins Zentrum des Lernens stellen.

Diskussion

Prof.in Silke Donnermeyer vom Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Freiburg (Gymnasium) befürwortet als Diskutantin ein Videofeedback vor allem in der ersten Phase der Lehrkräfteausbildung. Als Verantwortliche in der 2. Ausbildungsphase sieht sie das Instrument allerdings für das Referendariat durch die Bewertungsnotwendigkeit als kritisch an. Die Organisation und die Zeiteinteilung der Ausbildungsphase lassen es ihrer Meinung nach im Moment nicht zu, das Videofeedback als festen Bestandteil des Referendariats zu integrieren. Darüber hinaus sieht sie weiteres Potenzial dieser Methode vor allem auch für die dritte Phase des lebenslangen Lernens. Hier würde sie jedoch bevorzugen, wenn sich die Lehrkräfte im persönlichen Treffen, Videos zusammen anschauen und direktes Feedback geben.

(Dr. Martina von Gehlen und Larissa Görner)

Videomitschnitt

Hier finden Sie den Videomitschnitt des Votrages von Prof. Dr. Marc Kleinknecht:

Weitere Informationen

Alle Informationen, Berichte und Veranstaltungen der Ringvorlesung „Lehr- und Lernperspektiven – Impulse aus der Forschung für Schule und Unterricht“ finden Sie auf der Webseite zur Ringvorlesung.