“Schüler*innen mit heilpädagogischen Diagnosen: Besonderheiten verstehen und berücksichtigen” – Dreitägige Fortbildung für Lehrkräfte der Primar- und Sekundarstufe I

Das Team des Handlungsfelds „Praxisvernetzung und Fortbildung“ der School of Education FACE bot im März und (coronabedingt verschoben) im Oktober 2020 an drei halben Tagen eine Fortbildung zum Umgang mit und für das Verständnis von Schüler*innen mit heilpädagogischen Diagnosen wie z.B. Autismus, Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts)-Syndrom (ADS/ ADHS) und Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) an der Pädagogischen Hochschule Freiburg an.

Haben Sie schon einmal erlebt, dass …

  • … ein Kind in ihrer Klasse laut lacht, wenn Ihnen etwas herunterfällt oder ein anderes Kind sich weh tut? Kinder mit Autismus reagieren oft paradox.
  • … Schüler*innen bei jeder – aus deren Perspektive – herausfordernden Aufgabe sagen, dass sie keine Lust haben oder zu stören beginnen oder Ihnen zu sagen, was Sie falsch machen? Verwöhnte Kinder haben zu wenig Erlebnisse von Selbstwirksamkeit und damit wenig Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, Situationen bewältigen zu können – sie scheuen sich vor Misserfolg.
  • … Schüler*innen Ihnen mit Ablehnung oder Misstrauen begegnen, obwohl Sie es besonders gut mit ihnen meinen? Kinder, die in Beziehungen von Erwachsenen enttäuscht wurden, z.B. durch Gewalt oder Missbrauch, vermeiden gelingende Beziehungen, um nicht wiederholt enttäuscht zu werden. Oder um Täter*innen zu schützen.
  • … Schüler*innen trotz wiederholter Ermahnung immer wieder reinrufen, wenn Sie sprechen oder vom Platz aufstehen, während Sie eine Aufgabe erklären? Kinder mit ADHS haben trotz großer Anstrengungen Schwierigkeiten, ihre Impulse zurückzuhalten und über längere Zeit (subjektiv erlebt) ihre Aufmerksamkeit auf etwas zu richten, was sie nicht zutiefst interessiert.
  • … ein*e Schüler*in Ihrer Klasse Sie permanent „provoziert“ oder beschäftigt? Immer mehr Kinder brauchen Ihre Aufmerksamkeit, Ihre Zuwendung und Ihre Bestätigung. Die Mittel, dies zu erreichen, sind manchmal kontraproduktiv oder beinhalten eine Prüfung für Sie als Lehrperson: lässt er*sie mich auch dann nicht fallen, wenn…?
  • … Sie denken „das habe ich jetzt doch schon dreimal gesagt, warum hören die nicht zu?“ Viele Kinder, aber insbesondere Kinder mit Down-Syndrom, ADHS oder Autismus haben Schwierigkeiten, Ihre Worte nicht nur als Geräusche, sondern als Kommunikation mit einer Botschaft wahrzunehmen bzw. einzuordnen.

Besonderheiten verstehen und berücksichtigen

Viele Lehrkräfte kennen diese Situationen und schon vor Beginn des Unterrichts kreisen „negative“ Gedanken um die betreffenden Schüler*innen, die sich nicht so einfach abstellen lassen. Beim ersten Termin stellte die Referentin Eva-Maria Schnaith u.a. das Konzept der „Banking Time“ vor, durch das Lehrpersonen eine förderliche Beziehung zu einzelnen Schüler*innen aufbauen und so zur Verbesserung des Lern- und Sozialverhaltens beitragen können.

Im Oktober ging es „Corona-konform“ im großen Raum, mit Abstand und Mund-Nasen-Schutz mit konkreten heilpädagogischen Diagnosen weiter. So standen Fragen wie „Was brauchen Schüler*innen mit Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts)-Syndrom (ADS/ ADHS) und Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) eigentlich?“ im Fokus des zweiten Fortbildungstages. Nach einer Klärung, was unter den Begriffen zu verstehen ist, wie – teils unterschiedlich – sich diese äußern und welche Nebensymptome auftreten können, erhielten die Teilnehmenden anschauliche Handlungsempfehlungen, um mit betroffenen Lernenden verständnisvoll umgehen, aber auch zu ihnen durchdringen zu können.

Autismus-Spektrums-Störungen, dazugehörige Symptome und der Umgang als Lehrperson mit diesen war ein Themengebiet des dritten Fortbildungstages. Außerdem haben die Teilnehmenden das Konzept der „Neuen Autorität“ des Psychologen Haim Omer an konkreten, präsenten Unterrichtssituationen für sich angewandt und diese in anregenden Dialogen miteinander geteilt.

Neue Perspektiven einnehmen

Im Fokus der Fortbildung stand immer das „Reframing“ bzw. die Umdeutung, worunter das Einnehmen einer neuen Perspektive und somit auch eine neue Bewertung oder Interpretation einer Situation, eines Verhaltens oder einer Person verstanden wird.

Die Fortbildung bot die Gelegenheit, herausforderndes Verhalten besser zu verstehen und Mittel zu entwickeln, welche die Schüler*innen in ihrem Lern- und Sozialverhalten unterstützen. Die Referentin hat den Lehrkräften nützliche Methoden zum Umgang mit Schüler*innen mit heilpädagogischen Diagnosen auf den Weg gegeben. Verständnis, Beziehungsaufbau und Methoden haben das Potenzial, die Lehrkräfte im Umgang mit diesen Herausforderungen zu stärken.

Aus der Evaluation

„Die banking-time kannte ich bis dato noch gar nicht“

„Das Fachwissen und die Anschaulichkeit haben mir sehr gut gefallen“

 

Maria Oppmann & Beate Epting