An echten Herausforderungen wachsen: Online-Fortbildung „Mit lernwirksamen Aufgaben hybrid lehren und lernen“

Wie steht es im 21. Jahrhundert um Wissen, das uns fein säuberlich präsentiert wurde, das wir dann in einen Lückentext überführt haben, um es schließlich in einen Aktenordner abzulegen? Zugegeben, die klassische Aufgabenkultur war noch nie besonders motivierend und das Lernen dabei selten nachhaltig. Wie wäre es stattdessen mit Lernaufgaben, bei denen Lernende herausfordernde und lebensnahe Probleme lösen können?

Für das Gestalten von langfristig motivierenden Aufgaben braucht es ein wenig Know-how und vor allem: Übung! Hat eine Aufgabe die Neugierde der Lernenden geweckt – da sind sich die Referenten Klaus Oehmann und Dr. Patrick Blumschein sicher – erwerben sie die angestrebten Kompetenzen von alleine.

Der erste Durchlauf der dreiteiligen Online-Fortbildung „Mit lernwirksamen Aufgaben hybrid lehren und lernen“ des Handlungsfelds „Praxisvernetzung und Fort- und Weiterbildung“ der School of Education FACE fand über einen Zeitraum von vier Wochen im April und Mai 2021 statt. Die Teilnehmenden bekamen mit dem aufgabendidaktischen Kompass ein Werkzeug an die Hand, mit dem sie lernwirksame Lernaufgaben entwickeln können. In Tandems haben sie kreative Lernaufgaben ins Unterrichtsleben gerufen und sie der Gruppe vorgestellt. Von den Referenten erhielten sie Tipps und Ideen aus eigener Lehrpraxis sowie den Appell: „Es ist viel Arbeit, aber ihr werdet sehen: Es lohnt sich“.

Screenshot der Online Fortbildung “Mit lernwirksamen Aufgaben hybrid lehren und lernen“ – Referent Dr. Patrick Blumschein

Aktivierende Lernaufgaben fördern Problemlöse-Kompetenzen

Der Referent Dr. Patrick Blumschein (Dozent der Erziehungswissenschaft und Leiter des Zentrums für Lehrkräftefortbildung der PH Freiburg) machte in der ersten Synchron-Sitzung der Fortbildung deutlich, dass die Gesellschaft im Wandel ist und damit auch das schulische Lernen. Verstehen wir Lernen nicht als „an Schule gebunden“, sondern als Prozess, der das ganze Leben durchzieht, ist auch ein hybrides, ortsunabhängiges Lehren und Lernen denkbar. Den klassischen lehrerzentrierten Frontalunterricht wird es dann nicht mehr geben. Es sind neue Kompetenzen gefragt wie Kollaboration, Selbstorganisation und problemlösendes Denken, um Lernende für die Herausforderungen des 21. Jahrhundert zu wappnen. Um diese Kompetenzen zu erwerben, sollten Lernaufgaben inspirieren und aktivieren, sodass sich die Lernenden auf den Weg zu möglichen Lösungen begeben wollen. Dabei erkennen sie schnell, dass sie im Team am erfolgreichsten sind, um kreative Ideen entwickeln und umsetzen zu können.

Ideen werden zu echten Lernaufgaben

Mit Hilfe des aufgabendidaktischen Kompasses reflektierten die Teilnehmenden in der Arbeitsphase zwischen den Synchron-Terminen in Tandems eine ihrer bisher eingesetzten Aufgaben. Dabei entstanden bereits einfallsreiche, problemorientierte Lernaufgabenentwürfe, die sie sich beim zweiten Synchron-Termin gegenseitig vorstellten. Im nächsten Schritt sollten daraus komplexe, problembasierte Lernaufgaben entstehen. Dafür stellte Referent Klaus Oehmann (Fachleiter am Europa-Studienseminar für berufliche Schulen in Gießen, Lehrbeauftragter für Wirtschaftsdidaktik an der Goethe-Universität Frankfurt und Lehrkraft an der Max-Weber-Schule Gießen) einen Leitfaden für das konkrete Gestalten von Lernaufgaben vor und verdeutlichte dies anhand von Beispielen aus dem Unterricht.

Screenshot der Online Fortbildung “Mit lernwirksamen Aufgaben hybrid lehren und lernen“ – Referent Klaus Oehmann

Wie passt das zu den im Bildungsplan festgelegten Kompetenzen?
Am Ende der Sitzung gaben einige Teilnehmende zu bedenken, dass die Lernenden letztendlich bestimmte Kompetenzen erwerben müssen, die im Bildungsplan festgelegt sind und die in der Prüfung beherrscht werden müssen. Auch ein interesseweckender Einstieg könne die Herausforderung nicht umgehen, dass die Lernenden am Ende die gefürchtete Gedichtanalyse schreiben müssen. Die Referenten gaben recht: Ein motivierendes Unterrichtsklima allein reicht jedoch noch nicht, um die Motivation der Lernenden aufrecht zu erhalten. Dürfen die Lernenden anschließend jedoch aktiv werden, ein eigenes Produkt erzeugen und dabei kleine Erfolge erzielen, steht es schon deutlich besser um ihre Motivation. Für die Gedichtanalyse kann das z.B. bedeuten, dass sie im Team einen Leitfaden für das Analysieren von Gedichten erstellen. Dann aber heißt es „Ran an den Schreibtisch!“ – denn dass sie die Stilmittel und epochentypischen Motive beherrschen, zeigen sie am besten, indem sie selbst ein Gedicht schreiben.

Lernraum – Zeitraum – Sozialraum

In der dritten und letzten Synchron-Sitzung stellten die Teilnehmenden ihre weiterentwickelte Lernaufgabe vor und erhielten Impulse von der Gruppe. Im abschließenden Input ging Patrick Blumschein insbesondere auf hybride Lernsettings in Zeiten der Digitalisierung ein. Hybrides Lernen hängt unmittelbar mit wirksamen Lernaufgaben zusammen. Durch Lernaufgaben eröffnen sich neue Lern-, Zeit-, und Sozialräume, sodass Lernen überall und auf verschiedene Weise stattfinden kann: fern und präsent, synchron und asynchron, allein und in Gruppen.
Die Teilnehmenden setzten sich das Ziel, lernwirksame Aufgaben langfristig in ihren Unterricht zu integrieren und vielleicht sogar die Unterrichtsentwicklung an ihren Schulen voranzutreiben.

Aus der Evaluation:

„Die Impulse aus den Vorträgen der Dozenten haben mir gefallen; besonders die Erklärung, wie Lernjobs aufgebaut sind.“
„Der kollegiale Umgang und die Diskussionen sind mir positiv in Erinnerung geblieben.“
„Die Dozenten haben uns konkrete Werkzeuge für die Online-Lehre an die Hand gegeben. Das war gut.“

Aliena Kempf, Beate Epting, Dr. Patrick Blumschein & Klaus Oehmann