Nadine Saxinger: Sprache lernen lieben (er)leben – dramapädagogische Methoden im Fremdsprachenunterricht

Praxiskolleg Ringvorlesung WS 19/20 „Theater und Schule“ am 23.01.2020

Der Vortrag von Nadine Saxinger eröffnete den Blick auf die Welt der Dramapädagogik, ihre Wurzeln, Ziele und aktuelle Bestrebungen und zeigte schließlich konkret, wie Fremdsprachenlernen von der Theaterpädagogik profitieren kann. Das Ergebnis dieses fulminanten, interaktiven und von fünf Studierenden aus Kursen der Dozentin dramatisch-figurativ unterstützten Vortrags sollte nicht sein: ich mache bisher alles falsch, sondern: ich möchte dramapädagogische Methoden einsetzen. Die Anreize waren vielfältig und auf einer Bandbreite von beweglichen Tableaux bis zu Improvisation angesiedelt. Das zahlreiche Publikum ging freudig mit.

Lehrende stehen tagtäglich auf der Bühne. Inszenieren, spielen, bekommen Rückmeldungen (meistens nonverbal) – es gibt gute Gründe, damit bewusster umzugehen und dies das sogar kreativ und im Rahmen eines ganzheitlichen Lehransatzes in den Unterricht zu integrieren.

Die Dozentin ging auf eine Reihe von Wegbereitern ein, angefangen bei Dorothy Heathcote und Gavin Bolton, die schon seit der Mitte des 20. Jahrhunderts wirken, über zu Betty Wagner in den siebziger Jahren bis hin zur ersten Welle der ‚Drama in Education‘ die in Deutschland von Manfred Schewes „Fremdsprache Inszenieren“ eingeleitet wurde.

Nadine Saxinger arbeitet als Dramapädagogin (engl. drama in education) in der Lehramtsausbildung am Englischen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Dort lehrt und erforscht sie den Mehrwert und Nutzen von Theater als Mittel zum Zweck des Fremdsprachenlernens. Neben ihrer Lehrtätigkeit an den Universitäten Freiburg und Tübingen, ist sie weltweit als Fortbildnerin mit ihrem Konzept „Sprachen lehren und lernen durch Theater“ u.a. für das Goethe-Institut unterwegs.

Dramapädagogik oder Theaterpädagogik?

Der Unterschied zwischen Dramapädagogik und Theaterpädagogik liegt vor allem darin, dass in der Dramapädagogik die Lernenden selbst die Akteure und das Publikum sind – so genannte „spect-actors“ nach Augusto Boal. Durch Bewegung werden Inhalte besser aufgenommen, verarbeitet und gespeichert. Die Entwicklung verläuft dabei von der gelenkten Form graduell zur Improvisation, und von nonverbalen zu verbalen Äußerungen. Die Wahrscheinlichkeit, dass mit der Einführung neuer (Drama-)Methoden erst einmal Misserfolgserlebnisse verbunden sind, ist relativ groß – ‚neue‘ Methoden sind ungewohnt, insbesondere, wenn sie über das normale, weitgehend rezeptive Lernen in gewohnter Sitzhaltung hinausgehen, hin zu körperlicher Bewegtheit.

Dass Sprechen zum einen immer rhythmisch ist und zum anderen durch Handlungsabläufe unterstützt wird, erleichtert den Übergang und erweitert die sprachlichen Interpretationsspielräume.

Fehlerfrei unterrichten

Sprache ist auch Fachsprache: es ist möglich, eine Triode über Standbilder darzustellen. Die Gebrauchsanleitung eines Rasenmähers ist dramatisch umsetzbar. Und: Es gibt keine ‚Fehler‘ im Unterricht Drama in Education.

Im Sommersemester bietet Nadine Saxinger einen Tandem-Kurs zwischen Lehrenden und Studierenden an. Für mehr Informationen schreiben Sie gerne eine Mail an nadine.saxinger@anglistik.uni-freiburg.de.

(Wolfgang  Hochbruck)

Weitere Informationen

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Videomitschnitt

Mit der Hilfe von Studierenden inszenierte Nadine Saxinger ihre Vorstellung sehr mitreißend und animierte die Zuschauenden, selbst aktiv zu werden.

Sehen Sie hier den Vortrag von Nadine Saxinger im Videomitschnitt:

Boal, Augosto (1989): Theater der Unterdrückten. Übungen und Spiele für Schauspieler und Nicht-Schauspieler, Fankfurt/Main.

Bolton, Gavin (1984): Drama as Education. An argument for placing drama at the centre of the Curriculum. Burnt Mill, Harlow, Essex: Longman.

Bolton, Gavin (1979): Towards a Theory of Drama in Education. London: Longman.

Bowell, Pamela/Heap, Brian (2013): Planning Process Drama; Taylor & Francis Ltd.

Böttger/Sambanis (2016): Focus on Evidence. Fremdsprachendidaktik trifft Neurowissenschaften. Narr-Verlag.

Holl, Edda (2011): Sprach-Fluss. Theaterübungen für Sprachunterricht und interkulturelles Lernen. Ismaning: Hueber (Qualifiziert unterrichten).

Küppers, Almut; Schmidt, Torben; Walter, Maik (Hg.) (2011): Inszenierungen im Fremdsprachenunterricht. Grundlagen, Formen, Perspektiven. Braunschweig: Schroedel; Diesterweg; Klinkhardt (Unterrichts-Perspektiven Fremdsprachen).

List, Volker (2014): Kursbuch Theater machen. 1. Auflage. Stuttgart, Leipzig: Klett.

Oelschläger, Birgit (2017): Bühne frei für Deutsch. Das Theaterhandbuch für Deutsch als Fremdsprache. 1. Auflage. Weinheim: Deutscher Theaterverlag.

Pfeiffer, Malte; List, Volker (Hg.) (2009): Kursbuch Darstellendes Spiel. 1. Aufl. Stuttgart, Leipzig: Klett.

Sambanis/Walter (2019): In Motion. Theaterimpulse zum Sprachenlernen. Cornelsen: Berlin.

Scheller, Ingo (2004): Szenische Interpretation. Klett: Stuttgart.

Scheller, Ingo (1998): Szenisches Spiel: Handbuch für die pädagogische Praxis. Cornelsen: Berlin.

Schewe, Manfred (1993): Fremdsprache inszenieren. Oldenburg: Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.

Vlcek, Radim (2003): Workshop Improvisationstheater. Übungs- und Spielesammlung für

Theaterarbeit, Ausdrucksfindung und Gruppenarbeit. Donauwörth: Auer.

Wagner, Betty Jane: Dorothy Heathcote. Drama as a Learning Medium. Washington D.C.: National Education Association Publication, 1976.