Angela Pfenninger: An Introduction to Museum Theatre as a Method

Praxiskolleg Ringvorlesung WS 19/20 „Theater und Schule“ am 16.01.2019

Mit viel Energie und einem beeindruckenden Auftreten gestaltete die Expertin für Museumstheater Angela Pfenninger diesen Donnerstagabend für alle Besucher spannend und lehrreich. Was ist Museumstheater, wo und wie wird Museumstheater eingesetzt, welche Methoden werden verwendet, wie wirkt man historisch authentisch und was nutzt Museumstheater im Schulkontext – das alles erfuhr man von Angela Pfenninger in einem lebendigen Vortrag, angereichert mit vielen Beispielen aus eigener Erfahrung.

Brücken zwischen Theorie und Praxis schlagen

Wenn man ein Museum besucht hat, dann bleibt einem selten eine der vielen Jahreszahlen im Kopf hängen. Was einem jedoch lange im Gedächtnis bleibt ist zum Beispiel eine Begegnung mit Otto von Bismarck oder Angela Pfenninger in einer ihrer historischen Rollen. Pfenninger hat es sich zur Aufgabe gemacht, inhaltlich fundiert und unterhaltsam historische Inhalte zu inszenieren. Im klassischen Geschichtsunterricht werden junge Köpfe mit Fakten gefüllt, aber das Herz wird nicht gebildet. Eine emotionale Tür in die Geschichte ist nicht leicht zu öffnen, doch das Museumstheater bereitet den Weg.

Angela Pfenninger, M. A. ist seit 1996 beim Theater involviert und spezialisierte sich auf performative Programme für Museen, Kunstgalerien und zudem für den öffentlichen Bereich. Zurzeit bekleidet sie den Vorsitz des International Museum Theatre Alliance IMTAL Europe und leitet ihre eigene Agentur.

Die beste Perspektive wählen

Entscheidet man sich für eine performative Darstellung, hat man als Interpret vier verschiedene Möglichkeiten. Möglichkeit eins wäre einen Charakter in der ersten Person darzustellen. Dies ist oft eine historische Person, die in einem Kostüm auftritt und ihren Charakter nie fallen lässt. Die zweite Möglichkeit wäre aus der Sicht der dritten Person über eine historische Figur zu sprechen, dafür ist kein Kostüm nötig, aber es erhöht die Authentizität. Als drittes bietet sich ein Rollenspiel an, bei dem die Besucher selbst eine Rolle erhalten. Pfenningers „Good morning, recruits!“ mit energischem Schlag auf den Tisch war ein Beispiel für diese Art der Perspektive. Als letztes gäbe es noch eine Kombination aus erster und dritter Person, wobei der Unterschied durch das Abnehmen eines Hutes demonstriert werden kann.

Bei der Frage nach der besten Perspektive stellt Pfenninger fest: Das Spiel in der ersten Person wirkt am effektivsten auf die Zuschauenden, aber benötigt sehr viel Vorbereitung und Wissen auf Seiten des Interpreten. In der dritten Person sprechend ist nach Pfenninger die effizienteste Variante, da man es mit oder ohne Kostüm spielen kann. Natürlich geht dabei viel Potential verloren.

Aus dem Bilderrahmen gefallen

Eine besonders interessante Methode bestand darin, dass die historische Person aus dem Bilderrahmen fiel und nicht mehr wusste wohin sie gehörte. Begleitet vom Publikum versuchte nun ein Museumführer dem verwirrten Charakter zu helfen und erfährt dabei allerlei über ihre Lebenssituation und die kulturellen Gepflogenheiten.

Videomitschnitt

Ähnlich wie die Figur, die aus dem Bild fiel, war Pfenningers Vortrag so lebendig, dass sie nicht auf der Stelle stehen konnte und immer wieder aus dem Aufnahmebereich der Kamera hinauslaufen musste. Nichtsdestotrotz sollte man sich Pfenningers Videomitschnitt der Ringvorlesung zu Gemüte zu führen.  

Das Museumstheater in der Schule

Im letzten Teil ihres Vortrags stellte Pfenninger einige Ansätze zum Einsatz der Museumstheater in der Schule dar. In fast allen Fächern lässt sich das Museumstheater anwenden. In Geschichte könne man die Schüler und Schülerinnen eine Figur kreieren lassen, welche dann von der Klasse interviewt wird. So könnte man in Gemeinschaftskunde zwei Politiker debattieren lassen, zum Beispiel Marx gegen Bismarck. In Ethik könnten zwei religiöse Führer gegeneinander antreten und die moralischen Regeln aus ihrer Sicht diskutieren. Auch in naturwissenschaftlichen Fächern wie Biologie kann man einen Entdecker wie zum Beispiel Humboldt über seine Entdeckungen sprechen lassen, möglicherweise sogar im Dialog mit seinen Entdeckungen selbst.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Ringvorlesung erfrischend neue Ideen und Perspektiven zum Einsatz von Theater mit sich brachte.

 (Damaris Stein)

Weitere Informationen

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International Museum Theatre Allicance IMTAL Europe www.imtal-europe.com. Database containing every scrap of literature about Museum Theatre is called „Interpretation“ on IMTAL Europe website

Videomitschnitt

Sehen Sie hier den Vortrag von Angela Pfenninger im Video:

Direktlink zum Video auf dem Videoportal der Universität Freiburg