Alles Technik oder was?! – Auf den Spuren der Technik-Erlebniswelt

Schülerlabore, Science Centers, Technikwelten – das ist nichts Neues, sondern alles schon bekannt, aber doch beliebt und teilweise spektakulär. Und jetzt also noch eine Technik-Erlebniswelt an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg? Was zunächst vielleicht gewisse Vorstellungen weckt, soll diesmal etwas anders werden …  Erfahren Sie mehr über die geplante Technik-Erlebniswelt, die in das Projekt “FACE – Berufliches Lehramt” integriert ist.

Ziele der Technik-Erlebniswelt

Quelle: pixabay.com; Modifikation im Tafelbild durch die Autorinnen

Es geht in unserem Projekt nicht allein um einmalige Wow-Effekte, sondern darum, Interesse an Technik und dem Beruf der (gewerblich-technischen) Lehrkraft zu wecken. Wenn dann tatsächlich der Studiengang für ein berufliches Lehramt gewählt wird, gilt es darüber hinaus, den Studierenden einen außergewöhnlichen Praxiskontakt mit Schüler*innen anzubieten und ihre Berufswahl zu bestätigen. Diese Aspekte sollen nun in der Technik-Erlebniswelt realisiert werden.

Zielgruppen…

Um nicht in Beliebigkeit zu verfallen oder nur eigene Technikinteressen zu berücksichtigen, ist ein strukturiertes Vorgehen vonnöten: Welche Zielgruppen sollen angesprochen werden? Welche Berührung mit Technik hatten oder haben diese Gruppen?

Die erste Zielgruppe, nämlich Fünftklässler*innen aller allgemeinbildenden Schulen, war schnell gefunden. Wir wollen direkt am Anfang der Sekundarstufe I, in dem das Fach Technik noch nicht im Fächerkanon vertreten ist, die Begeisterung für Technik wecken – und zwar bei allen Geschlechtern. Technische Berufe respektive das Lehramt an gewerblich-technischen Schulen sollten endlich weg von der stereotypen Gesellschaftsbewertung, wer welchen Beruf ergreift oder wer vermeintlich besser in diverse Berufsfelder „passt“. Wir wollen den Zugang in ein technisches Lehramt allen Geschlechtern schmackhaft machen, und Mädchen benötigen dafür womöglich einen anderen Zugang. Der nötige Anreiz soll über eine positive Selbstwirksamkeitserfahrung erfolgen, d. h. die Mädchen probieren aus, wie die Technik funktioniert, und verstehen idealerweise, wie diese funktioniert.

Zielgruppe Nummer zwei zu definieren, gestaltete sich etwas schwieriger. Denn hier geht es nicht mehr nur um das Technikerlebnis, sondern um eine pädagogische Komponente: Wie kann man Schüler*innen dazu ermutigen, den Weg einer rein fachwissenschaftlichen Laufbahn zu verlassen und stattdessen ins Lehramt abzubiegen? Anders gefragt: Welche Alternativen kann man Schüler*innen aufzeigen, die sich nicht zu reinen Fachdenker*innen entwickeln wollen, sondern denen die soziale Komponente in ihrem zukünftigen Berufsbild genauso wichtig ist?

Quelle: pixabay.com

Zur Eruierung dieser Frage gehörte zunächst einmal die Untersuchung, zu welchem Zeitpunkt Schüler*innen ihre Berufsentscheidung treffen, vor allem die Entscheidung für ein gewerblich-technisches Lehramt. Nach dem üblichen Tenor der Forschungsliteratur gibt es diesbezüglich zu wenig (einheitliche) Forschung. In den wenigen zur Verfügung stehenden Studien stellten sich zwei Aspekte heraus: 1. Lediglich ca. 32 % der Abiturient*innen in Baden-Württemberg nehmen im Anschluss an das Gymnasium ein Studium auf, der große „Rest“ geht erst einmal ins Ausland oder absolviert ein FSJ oder FÖJ und hofft in dieser Zeit (ca. 38 %) auf eine berufliche Erleuchtung (Bieg & Röddiger 2017). 2. Die Wahl für ein berufliches bzw. ganz konkret gewerblich-technisches Lehramt wird erst spät getroffen: Zunächst wird eine technische Ausbildung in Angriff genommen, dann folgt mitunter eine mehrjährige Berufstätigkeit im selben Bereich und erst anschließend kommt der Schwenker zum Lehramt – häufig aufgrund einer pädagogisch-didaktischen Sehnsucht, das erworbene Wissen sinnvoll vermitteln zu wollen (Micknaß et al. 2019; Müller & Zeitz 2007).

Was heißt das nun für uns? Da wir das Gros an Auszubildenden und bereits Berufstätigen nicht fassen können, fokussieren wir uns auf die Oberstufe als zweite Zielgruppe, insbesondere die Klassen 11 und 12 allgemeinbildender sowie beruflicher Gymnasien und Berufskollegs im Regierungsbezirk Freiburg. Diese sollen mittels eines didaktischen Erlebnisses und einer Momentaufnahme des Lehrens und Lernens dazu animiert werden, tiefer in die Struktur des beruflichen Lehramts einzudringen, Gefallen daran zu finden und sich schlussendlich für ein solches Studium entscheiden – bestenfalls in den Mangelfächern Elektro- und Metalltechnik (siehe Beitragstitel in dieser Newsletter-Ausgabe).

… und deren Analyse

Quelle: FreeVector.com; by Laasko

Momentan lassen sich nach flüchtiger Betrachtung populärer Studien wie der Kids-Verbraucher-Analyse, KIM und JIM, Shell und SINUS gängige Erwartungen bestätigen: Das von Jugendlichen am häufigsten verwendete technische Tool ist das Smartphone, mit dem vor allem gespielt wird und Mädchen zeigen weniger Interesse an Technik und deren Hintergründe. Wir versuchen nun herauszufinden, welche Alltagsgegenstände und -bereiche besonders hoch in der Gunst von Elfjährigen stehen, um diese spannend in die Technik-Erlebniswelt einzubinden. Für die zweite Zielgruppe sollte inhaltlich insbesondere der Bildungsplan aus dem gewerblich-technischen Berufsschulwesen ausschlaggebend sein… Wir halten Sie auf dem Laufenden. 

War da noch etwas?

Das Besondere an unserer Technik-Erlebniswelt ist die Einbindung unserer Klientel von beiden Seiten. Lehramtsstudierende der PH Freiburg mit dem Fach Technik an allgemeinbildenden Schulen betreuen die Zielgruppe der Fünftklässler*innen und können sich somit in der Rolle der Lehrkraft erleben, Probleme wahrnehmen und reflektieren. Die Zielgruppe der Oberstufenschüler*innen wiederum liegt in der Obhut von Lehramtsstudierenden der Hochschule Offenburg für den gewerblich-technischen Bereich. Der besondere Clou bei Letzteren hierbei ist, dass die Rollen ein wenig vertauscht sind. Da die Schüler*innen der Oberstufe vor allem ein pädagogisch-didaktisches Erlebnis erfahren sollen, besteht die Aufgabe der Studierenden darin, diese Erfahrung in Form eines Mentorings zu reflektieren. Zurzeit tüfteln wir daran, wie dies vonstattengehen soll.

Auf alle Fälle können wir allen Beteiligten ein spannendes Erlebnis und einen interessanten Erfahrungsaustausch versprechen!

Ihr Team der Technik-Erlebniswelt: Prof. Dr. Jennifer Stemmann und Mandy Steinbach; Quelle Weltraum-Bild:  pixabay.com; by Reimund Bertrams

Weitere Informationen

Am 01.03.2020 ist die dritte Phase der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ mit dem Schwerpunkt „Berufliches Lehramt“ gestartet. Mithilfe der Förderung, welche die School of Education FACE einwerben konnte, werden am Standort Freiburg in den nächsten Jahren die beruflichen Lehramtsstudiengänge in den gewerblich-technischen Fachrichtungen der Pädagogischen Hochschule Freiburg und der Hochschule Offenburg weiterentwickelt. Durch gezielte Maßnahmen sollen Studierende unterstützt und weitere Studierende für die Fachrichtungen begeistert werden.

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Quellen

Bieg, M. & Röddiger, A. P.: Befragung zur MINT-Studienfach- und -Berufswahl von Abiturientinnen und Abiturienten in Baden-Württemberg. In: Lehren & Lernen: Zeitschrift für Schule und Innovation in Baden-Württemberg (2017), 7, S. 24-32.

Micknass, A., Ohlemann, S., Pfetsch, J., Ittel, A.: Berufswahlmotive von Studierenden des beruflichen Lehramts. In: Gramlinger, F., Iller, C., Ostendorf, A., Schmid, K., Tafner, G. (Hg.): Bildung = Berufsbildung?!. S. 185-198, Bielefeld 2019. DOI: 10.3278/6004660w185.

Müller, M. & Zeitz, U.: Entscheidungskriterien von Studienanfängern/–innen für Studiengänge für ein Lehramt an beruflichen Schulen. In: Die berufsbildende Schule 59 (2007) 10, S. 281-286.