„Vermitteln von technischen Inhalten macht mir sehr viel Spaß!“ – Interview mit einem Referendar aus der Berufsschule

Das Projekt “FACE – Berufliches Lehramt” zielt auf die systematische Weiterentwicklung der beruflichen Lehramtsstudiengänge (gewerblich-technische Fachrichtungen) der Pädagogischen Hochschule Freiburg und der Hochschule Offenburg. Dabei hilft es, zunächst einen (kritischen) Blick auf die Ausgangslage zu werfen. Manuel Kühl, Absolvent der Beruflichen Bildung Mechatronik und derzeit Referendar an der Gewerbeschule Lahr, reflektiert seine Erfahrungen mit dem Studium und dem Vorbereitungsdienst (Referendariat) für das Höhere Lehramt an beruflichen Schulen. Was hätte besser laufen können? Wem würde er diesen Berufsweg empfehlen? Und was gefällt ihm am Unterrichten besonders gut?

Welche Studienfächer haben Sie studiert?

Mein Studienfach war im Bachelor „Mechatronik plus“ und im Master „Berufliche Bildung Mechatronik“.

Wie haben Sie von den Kooperationsstudiengängen der Hochschule Offenburg (technisches Studium) und der Pädagogischen Hochschule Freiburg (Berufspädagogik und Fachdidaktik) erfahren?

Ich war am Technischen Gymnasium in Offenburg und wurde dort von Studierenden der Kooperationsstudiengänge, die dort ihr Schulpraktikum absolvieren, unterrichtet.

Wie hat Ihnen die Kombination von Technik und Pädagogik gefallen?

Die Kombination aus Technik und Pädagogik hat mir sehr gut gefallen. Besonders die Anwendung der regelungstechnischen und messtechnischen Grundlagen in Laboren ermöglichten es, ein tiefergehendes Verständnis der spannenden Technik zu erhalten. An der PH wurden wir auf wissenschaftliches Arbeiten vorbereitet, dazu zählten vor allem die Bachelor- und Masterarbeit aber auch wie man eine Umfrage erstellt oder Interviews führt. Besonders spannend fand ich an der PH die Veranstaltungen der Psychologie, da diese Inhalte stets auf den Alltag übertragen werden konnten. Durch die frühen Schulpraktika im 3. und 7. Semester konnte ich bereits während des Bachelorstudiums in die Rolle des Lehrers „hineinschnuppern“. Das dritte Schulpraktikum absolvierte ich dann im 2. Semester des Masterstudiums. Es fand, ebenfalls wie die vorherigen, an der Gewerblichen Schule Lahr statt. Durch das begleitende Staatliche Seminar in Freiburg und die Veranstaltungen der PH wurde ich darauf vorbereitet, wie ein guter Unterricht strukturiert wird und welche Methoden hierfür gewählt werden können.

Die Verzahnung zwischen Technik und Pädagogik hätte durchaus besser gestaltet werden können. So ist die „Kooperation“ der PH Freiburg mit der HAW Offenburg eher als „Koexistenz“ zu beschreiben. Die Studieninhalte der jeweiligen Hochschulstandorte sind meines Erachtens nicht wirklich aufeinander abgestimmt. Deshalb musste man als Studierender dieses besonderen Studiengangs regelmäßig die verantwortlichen Dozierenden auf sich und die organisatorischen Umstände, die zwei Lernorte mit sich bringen, aufmerksam machen. Als Studierender eines „Plus“-Studienganges konnte man leicht das Gefühl bekommen, dass man zu keiner der beiden Hochschulen gehört.

Mit Ihrem Studienabschluss hätten Sie auch als Ingenieur in der Wirtschaft oder in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung tätig werden können. Warum haben Sie sich für das Höhere Lehramt an beruflichen Schulen entschieden?

Weil mir das Unterrichten von Schülern und Schülerinnen und das Vermitteln von technischen Inhalten sehr viel Spaß macht. Ich konnte mir während meiner Bachelorarbeit, die ich in der Wirtschaft geschrieben habe, ein Bild davon machen, wie stressig eine Tätigkeit als Ingenieur sein kann, wenn ein Vorgesetzter aus finanziellen Gründen Druck ausübt. Ich habe mich deshalb auch für den weiterführenden Masterstudiengang entschieden. Eine Tätigkeit in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung bietet nicht die sichere Versorgung, die eine Verbeamtung im Höheren Lehramt an beruflichen Schulen gewährleistet. Während meines Masterstudiums habe ich auch einige Studierende der Pädagogischen Hochschule kennengelernt, die eine Tätigkeit in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung anstrebten. Dabei habe ich erfahren, dass es hierbei eher um eine verwaltungstechnische Arbeit geht.

Quelle: Pixabay.de

Wem würden Sie die Kombination von technischem und berufspädagogischem Studium empfehlen? Wem eher nicht? Welche Kenntnisse beziehungsweise Neigungen sollte man für dieses Studium und den Beruf Lehrer*in an beruflichen Schulen mitbringen?

Ich würde dieses Studium (besonders den Bachelorstudiengang) jedem weiterempfehlen, der sich für technische Inhalte interessiert und sich auch vorstellen kann, vor einer Klasse zu stehen und zu unterrichten. Das Bachelorstudium eignet sich besonders gut auch für diejenigen, die sich zu Beginn des Studiums noch nicht entscheiden können. Auch ich wusste zu Beginn noch nicht, dass ich sicher nach meinem Studium in den Vorbereitungsdienst (Referendariat) gehen würde. Durch mehrere Schulpraktika und die Einsätze in der Wirtschaft (in Form eines Praxissemesters, die Bachelor- und Masterarbeit) konnte ich mich letztendlich aber leicht entscheiden. Wenn jemand eher introvertiert ist und lieber für sich allein arbeitet oder sich schon immer unwohl gefühlt hat, vor einer Gruppe zu sprechen, würde ich eher zu einem klassischen technischen Studiengang raten.

Für das Studium und das Vorbereitungsdienst ist es durchaus von Vorteil, wenn man selbst eine technische Ausbildung in dem Bereich gemacht hat oder zuvor auf dem technischen Gymnasium war. Es ist aber auch nicht zwingend notwendig.

Was hat Ihnen bisher im Referendariat besonders gut gefallen?

Besonders gut gefallen hat mir bisher der sehr gute und persönliche Umgang mit den Seminarlehrkräften des “Seminars für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Freiburg (Berufliche Schulen)” sowie, dass ich für jedes Fach (Lehrbefähigung) Mentor*innen an der Schule habe, denen ich zu allen Dingen Fragen stellen kann und die mich sehr unterstützen.

Beschreiben Sie doch einmal eine typische Unterrichtsstunde: Wer sind die Schüler und Schülerinnen? Was genau unterrichten Sie? Was gefällt Ihnen gut? Wo liegen die Herausforderungen?

Eine typische Unterrichtstunde dauert 90 Minuten. Die Klassen bestehen aus 18 bis 26 Schülern und Schülerinnen. Je nach Schulart sind diese zwischen 15 und 25+ Jahre alt. In der Regel beginnt man eine Stunde mit einer Problemstellung, einem Beispiel aus der Praxis. Dieses wird dann gemeinsam analysiert und somit das Thema der Unterrichtseinheit (Doppelstunde) definiert. Während der Stunde versucht man die Schüler und Schülerinnen zu motivieren, die notwendigen Inhalte möglichst selbstständig oder im Lehrer-Schüler-Gespräch zu entwickeln, so dass am Schluss der Stunde das Problem gelöst ist und zum Beispiel eine gesuchte Größe berechnet werden kann. Die Schüler und Schülerinnen an der Berufsschule haben sogenannte Lernfelder im Fach Berufsfachliche Kompetenz, die im Zeugnis mit einer Gesamtnote bewertet werden. Jedes Lernfeld handelt von einer Situation aus dem berufsfachlichen Leben. Am Technischen Gymnasium unterrichte ich im Fach Mechatronik den Bereich der Metalltechnik. Am 1-jährigen Berufskolleg unterrichte ich das Fach „Angewandte Technik“, hierzu gehört zum Beispiel der Unterricht im Computerraum mit den Programmen Excel, Word und PowerPoint.

Besonders gut gefällt mir das Unterrichten an sich und der Moment, wenn die Schüler und Schülerinnen nach der Stunde zu mir kommen und sagen: „Heute haben wir echt was [Neues] gelernt.“ Als Lehrer kann ich eine Klasse voller Jugendlicher dabei beobachten, wie sie sich stets weiterentwickeln. Die Herausforderungen im Referendariat liegen darin, guten Unterricht vorzubereiten, auch wenn der Inhalt einer Unterrichtstunde nicht zuvor im Studium behandelt wurde. So muss ich mich ab und zu zuerst selbst in die Materie einarbeiten, bevor ich weiß, welche Inhalte und wie ich dieses Thema unterrichten möchte. Hier hätte ich mir während meines Studiums eine bessere Abstimmung der technischen Inhalte gewünscht. So habe ich im Studium „Höhere Mathematik“ und „Regelungstechnik“ „genießen“ dürfen. Höhere Mathematik hat aber an beruflichen Schulen wenig Relevanz und die Regelungstechnik ist der Lehrbefähigung „Energie- und Automatisierungstechnik (ENAT)“ zugeordnet. Da ich mit meinem Mechatronik-Studium der Lehrbefähigung „System- und Informationstechnik (SIT)“ zugeordnet bin, darf ich diesen Bereich nicht unterrichten.

Welche Erfahrungen haben Sie während der Corona-Pandemie an der Schule mit der Bereitstellung von digitalen Lerninhalten gemacht? Wie wurden die Schüler und Schülerinnen während des Lockdowns unterrichtet? Wie wurden die Lehrkräfte auf diese Situation vorbereitet?

Zu Anfang des Lockdowns bestand sehr viel Unsicherheit, da keine Schule darauf vorbereitet war. Es dauerte 3 bis 4 Wochen bis die meisten Schulen (meine Schule eingeschlossen) ein einigermaßen einheitliches und funktionierendes Konzept erarbeitet hatten. Nach dieser Anfangsphase wurde die Plattform „MS Teams“ schulweit Stück für Stück eingeführt. Dabei wurden auch die Lehrkräfte von gut informierten Kollegen und Kolleginnen des „Medienteams“ via Online-Seminaren geschult. So konnte jede Lehrkraft, die das wollte, schon bald die Unterrichtstunden online per Videokonferenz abhalten. Die Verknüpfung von OneNote in Form eines Kursnotizbuches ermöglichte es mir und meinen Kollegen und Kolleginnen auch, die Lösungen von Schülern und Schülerinnen direkt zu besprechen bzw. individuell zu korrigieren. Ich konnte mich mit der neuen Software besonders schnell zurechtfinden, da auch das Staatliche Seminar auf den Einsatz mit „MS Teams“ setzte. Im Zuge meines Referendariats hatte ich „Unterrichtsbesuche“ von meiner Seminarlehrkraft während eines Online-Unterrichts. Es war eine Zeit, in der alle voneinander gelernt haben.

Als klar wurde, dass keine Klassenarbeiten oder andere Erfolgskontrollen über Inhalte aus dem Online-Unterricht durchgeführt werden dürfen, sank die Teilnahmequote bei den meisten Klassen unter 50 %. Entsprechend schwierig gestaltete sich der Neustart an der Schule als wieder in Präsenz unterrichtet wurde.

Das neue Schuljahr ist nun für mich etwas turbulent gestartet, da man sich erst noch zurechtfinden muss. Es stellten sich viele Fragen, wie z. B. wer unterrichtet mit mir in den unterschiedlichen Klassen, wie wird die gemeinsame Notenbildung durchgeführt, welche Materialien erhalten die Schüler und Schülerinnen? Zusätzlich zu den „normalen“ organisatorischen Herausforderungen kamen die coronabedingten Einschränkungen und die Aufgaben die Schüler und Schülerinnen für einen möglichen „Lockdown“ vorzubereiten. Hier war und ist es besonders wichtig, dass die Schüler und Schülerinnen schon jetzt den Umgang mit dem Kommunikationsmittel „MS Teams“ üben.

Wann ist das Referendariat zu Ende und was werden Sie danach machen?

Ich beende mein Referendariat voraussichtlich am 28.07.2021. Danach werde ich hoffentlich zum Beginn des neuen Schuljahres eine Stelle an einer beruflichen Schule hier in der Ortenau als Lehrer bekommen.

Weitere Informationen

Am 01.03.2020 ist die dritte Phase der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ mit dem Schwerpunkt „Berufliches Lehramt“ gestartet. Mithilfe der Förderung, welche die School of Education FACE einwerben konnte, werden am Standort Freiburg in den nächsten Jahren die beruflichen Lehramtsstudiengänge in den gewerblich-technischen Fachrichtungen der Pädagogischen Hochschule Freiburg und der Hochschule Offenburg weiterentwickelt. Durch gezielte Maßnahmen sollen Studierende unterstützt und weitere Studierende für die Fachrichtungen begeistert werden.

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