Resilienz für Lehramtsstudierende: “Wertvolle, praktisch anwendbare Tipps”

Am 30. November und 07. Dezember 2020 fand im Rahmen des Mentorings im Höheren Lehramt an beruflichen Schulen der Workshop „Resilienz für Lehramtsstudierende. Bleib fit, wo andere die Krise bekommen“ statt. Eingeladen waren dazu Studierende der Kooperationsstudiengänge zum beruflichen Lehramt. Zusätzlich konnten Studierende der Universität Freiburg und Pädagogischen Hochschule Freiburg, die später am Gymnasium, der Real- oder Grundschule unterrichten, teilnehmen.

Die Anmeldezahlen überstiegen bei weitem die Aufnahmekapazitäten, so dass der Workshop voraussichtlich im nächsten Sommersemester 2021 noch einmal angeboten wird. Frau Fesenmeier, Koordinatorin des Mentorings, konnte als Trainerin erneut Nicola Vivienne Glumann (M. Sc.) gewinnen, die sich mit diesem Thema intensiv in ihrer Masterarbeit befasst hat, derzeit in Psychologie an der Technischen Universität in Darmstadt promoviert und auch dort Studierenden ihre wertvolle Arbeit immer wieder in Workshops  anbietet.

Yogi Pant, Student in den Kooperationsstudiengängen und Teilnehmer, berichtet:

Der erste Tag

Yogi Pant
Yogi Pant, Lehramts­studierender

Es ist Montagmorgen, 8:00 Uhr. Der Workshop mit dem Thema „Resilienz für Lehramtsstudierende“ beginnt. Alle Kursteilnehmer*innen finden sich in einem digitalen Vorlesungsraum ein. Zum Thema Resilienz habe ich keinerlei Vorkenntnisse, daher bin ich sehr gespannt darauf, was uns Teilnehmer*innen erwartet. Wir starten mit einer Vorstellungsrunde; hierbei handelt es sich jedoch um keine gewöhnliche Vorstellung, da diese in das Spiel „Name Game“ verpackt ist:  alle Teilnehmer*innen sollen sich aus der Perspektive einer vertrauten Person, einer berühmten Persönlichkeit oder eines Gegenstandes der Gruppe bekannt machen. Der Reihe nach stellen sich die Anwesenden aus Sicht ihrer Hausschuhe oder ihres Smartphones vor.

Nach dieser erheiternden Runde starten wir mit der ersten Übung, dabei sollen wir alle Aktivitäten eines beliebigen Wochentages aufzählen. Anschließend bewerten wir diese auf einer Punkteskala von 1 bis 100, je nachdem wie viel Energie sie uns geben oder nehmen. Das war echt klasse! Vielen von uns fallen hohe Energiequellen und -konsumenten im Alltag auf, die wir zuvor so nicht wahrgenommen haben! Viele haben sich noch nie einen Überblick über ihr Zeit- und Energiemanagement verschafft und sind erstaunt, als ihnen bewusst wird, wie viel Zeit sie für Dinge wie Einkaufen oder Haushalt investieren.

Anschließend besprechen wir die Ergebnisse gemeinsam in der Gruppe. Frau Glumann führt uns in die Welt der Energiegewinnung ein. Hierbei erfahren wir von verschiedenen Techniken, z.B. dem Dankbarkeitstagebuch, in welches täglich oder auch wöchentlich Dinge notiert werden, für die man dankbar ist. Dies spendet Energie auf emotionaler Ebene. Ebenso die Things-I-have-done Liste, in der persönliche Erfolge aufgelistet werden, die sich motivierend und damit positiv auswirken können.

Eine andere Gewinnung zur Energie auf körperlicher und mentaler Ebene sind simple Tätigkeiten, die nicht allzu anstrengend sind. – Ich muss innerlich lachen, fühle ich mich doch dabei ertappt, da ich noch kurz vor dem Workshop Zeitung gelesen habe und daran dachte, wie mir es dabei hilft, richtig aufzuwachen, um mich bereit für den Tag zu fühlen.

Nach verdienter Pause geht es weiter mit Resilienz-Techniken. Dabei besprechen wir, wie wir spontan mit schwierigen Situationen umgehen können. Frau Glumann erklärt uns anschaulich die Technik des Perspektivwechsels, und plötzlich wird uns bewusst, dass dieser bereits im Vorstellungsspiel „Name Game“ integriert gewesen war. Bei dieser Technik geht es darum, uns in Momenten, in denen uns schwierige Emotionen überkommen, aus der Perspektive eines anderen Menschen oder Gegenstands zu beobachten. Dies soll starke Emotionen regulieren. – Ich nehme mir fest vor, mich das nächste Mal, wenn ich wieder einmal mit meinem Zeh am Schreibtisch hängen bleibe, aus der Perspektive meiner Kaffeetasse zu beobachten.

Der erste Workshoptag neigt sich dem Ende zu. Jede*r der Teilnehmer*innen erhält Gelegenheit sich zu äußern, was ihr*ihm an diesem Workshoptag besonders gefallen hat und über welche Themen sie*er am zweiten Tag gerne etwas lernen würde. Jede*r Teilnehmer*in favorisiert dabei unterschiedliche Themen aus dem bisherigen Workshop, und uns wird bewusst, wie viele Themen wir doch in den letzten Stunden durchgearbeitet haben und wie viel wir als Gruppe davon mitnehmen konnten.

Lehramtsstudierende im Workshop
Lehramtsstudierende im Workshop, Foto: Nina Fischer

Der zweite Tag

Eine Woche nach dem ersten Tag des Workshops folgt der zweite Tag, an dem uns Frau Glumann wieder im digitalen Vorlesungsraum empfängt. Jede*r Teilnehmer*in erzählt wie es ihr*ihm gerade geht und wiederholt ein persönliches Learning des letzten Workshoptags. Die dazwischenliegenden sieben Tage Pause machen sich bemerkbar und die Themen erscheinen zu Beginn nicht mehr so präsent in meinem Kopf. Jedoch, als nun jede*r Teilnehmer*in die Inhalte des letzten Workshoptags wiederholt, kommen die Erinnerungen zurück.

Wir starten mit der nächsten Übung, für welche wir uns jeweils in fünf Gruppen von drei Personen zusammenfinden. Es geht um die Begriffe Adaptability, Self-Control, Persistence, Optimism und Self-Suffiency, wobei jede Gruppe eine dieser Eigenschaften zugewiesen bekommt, um den Zusammenhang dieser mit Resilienz zu erörtern. Jede Gruppe stellt ihre jeweilige Eigenschaft allen Teilnehmer*innen vor, und wir verstehen: Jede dieser Eigenschaften ist essenziell für eine gute Resilienz. Es ist wichtig, dass die Eigenschaften jeweils möglichst im Gleichgewicht sind. Jede, je nachdem wie stark sie ausgeprägt ist, besitzt sowohl negative als auch positive Seiten.

Als nächstes Thema stehen Emotionen auf dem Programm. Wieder in der Aufstellung, in den Gruppen der letzten Übung, listen wir nun sämtliche Emotionen auf, die wir kennen und machen zwei aus, welche wir als besonders schwierig empfinden. Es entwickelt sich eine sehr vertraute und persönliche Atmosphäre. Die Teilnehmer*innen berichten in kleinen Gruppen von ihren eigenen emotionalen Wahrnehmungen.

Anschließend treffen wir uns wieder gemeinsam mit allen Teilnehmer*innen und besprechen nun Techniken zum Umgang mit schwierigen Emotionen. Dies ist mein persönlicher Höhepunkt des Workshops! Jede*r erzählt nun von ihren*seinen Techniken. Wir sind verblüfft. Obwohl beinahe jede*r Teilnehmer*in andere Techniken nennt, scheinen doch die meisten Teilnehmer*innen die Techniken der anderen bereits zu kennen und angewendet zu haben! Viele der Teilnehmer*innen reden mit anderen Menschen, wenn sie schwierige Emotionen empfinden oder hören Musik. Es ist doch erstaunlich, wie ähnlich Menschen mit ihren Emotionen umgehen!

Mit einer Evaluation beenden wir das interessante Seminar, und jede*r berichtet nochmals von ihren*seinen persönlichen Highlights. Ich empfinde den Workshop als sehr lohnenswert, denn ich habe viele neue Eindrücke über Emotionen, Energiehaushalt und Resilienz-Techniken gewonnen. Sehr zufrieden verabschieden sich alle Teilnehmer*innen aus dem digitalen Vorlesungsraum.

Fragen an Frau Glumann

Wie waren die Workshop-Tage für Sie, Frau Glumann?

Nicola Vivienne Glumann, M. Sc.
Nicola Vivienne Glumann, M. Sc.

Auch ich habe den Workshop als große Bereicherung erlebt. Es ging um Themen wie Zeit- und Energiemanagement, Achtsamkeit, Denkmuster, Emotionen und Strategien, was ein*r jede*r von uns ganz praktisch im Alltag anwenden kann. Zwischen inhaltlichen Parts gab es immer wieder die Möglichkeit, dass sich die Teilnehmenden eigene Gedanken machen, also eine Selbstreflexionsphase nutzen beziehungsweise sich in Breakout-Sessions in einer Kleingruppe austauschen konnten. Neben der vertrauten Atmosphäre, die sich abseits vom Gesamtgeschehen entwickeln kann, hatten diese Einheiten den Vorteil, dass sich die Teilnehmenden gegenseitig inspirierten und voneinander lernen konnten – zum Beispiel wie sie eine Strategie zur Emotionsregulation im Alltag anwenden.

Sie sagen also, dass der Workshop durch möglichst abwechslungsreiche Methoden umgesetzt wurde? Wie genau machen Sie das?

Vielleicht kann ich damit beginnen, dass der Workshop ja online stattgefunden hat. Mir ist es also ganz besonders wichtig, dass es zum einen genug Pausen gibt, sodass die Teilnehmenden wirklich einmal aufstehen, vom Bildschirm weggehen können, zum anderen aber auch, dass der Workshop insgesamt möglichst abwechslungsreich und damit kurzweilig gestaltet ist. Hierzu bietet sich natürlich eine unterschiedliche Umsetzung mittels Selbstreflexion, Kleingruppenarbeit und / oder Austausch in der Gesamtgruppe an. Gleichzeitig ermöglicht es den Teilnehmenden immer wieder, selbst aktiv zu werden und vor allem zu schauen, wie sie die Inhalte des Workshops genau in ihrem Alltag, für ihren Fragen und Themen anwenden können. Und schließlich gibt es natürlich weitere Tools, die sich gut einbauen lassen: Sei es eine ansprechende Präsentation, ein TedTalk, eine Sammlung im Chat oder vielleicht ein gemeinsames Whiteboard.

Und wie wirkt das Ihrer Meinung nach auf die Studierenden?

Generell kann ich (erfreut) sagen, dass die Studierenden viel positives Feedback geben. Hier gibt es zwei Punkte, die ich gerne nennen möchte: Erstens loben die Studierenden immer wieder positiv überrascht, wie gut die digitale Umsetzung doch klappt – wie gut man sich kennenlernen und mit anderen verbinden kann, wenn die Moderation einigermaßen stimmt und wie viel Vertrauen trotz, vielleicht auch gerade wegen der gewissen Distanz entstehen kann. Zweitens betonen die Studierenden, dass viele von unterschiedlichen Inhalten und Übungen profitieren: Während die einen vor allem das Zeit- und Energiemanagement als Schlüsselerlebnis beschreiben, finden andere die Komponenten der Resilienz ausschlaggebend und hilfreich. Fazit: Ich fühle mich bestätigt darin, den Workshop auch auf so inhaltlich vielfältige Weise anzubieten.

Haben Sie noch Tipps für einen guten Umgang mit der Corona-Krise?

Während der Corona-Zeit ist ein Thema wie Resilienz natürlich auch noch einmal ganz besonders interessant und wichtig, da viele Strategien ja wirklich im eigenen Alltag genutzt werden können. Außerdem geht es bei Resilienz unter anderem um Anpassungsfähigkeit / Flexibilität, Durchhaltevermögen und Optimismus – alles Eigenschaften, die wir gerade gut gebrauchen können. Hier kann sich jede*r von uns überlegen, wie wir diese Kompetenzen kleinschrittig(!) weiter einüben können. Und weiterhin gehört zu meinen Tipps, mit Freude darauf zu schauen, was uns beispielsweise zuhause viel Spaß macht, was uns gut tut und dabei eben einen Perspektivwechsel anzuwenden: Was ist vielleicht gerade gut? Muss ich morgens nicht mehr 40 Minuten im Zug sitzen? Kann ich ganz entspannt den ganzen Tag meine Hausschuhe/ Kuschelsocken tragen? Und mittags frisch kochen, anstatt in die Mensa zu gehen? Für was man sich auch entscheidet, es gilt immer: sich auf Zuversicht fokussieren und dann, auf dem Weg, eins nach dem anderen zu machen, um dorthin zu gelangen!

Rückmeldung von Studierenden

Wie bewerten die Studierenden den Workshop insgesamt?

Die Teilnehmenden vergaben nur Bestnoten: 50% bewerteten mit der Schulnote „gut“, die anderen sogar mit der Schulnote „sehr gut“.

Einzelne Fragen beantworteten die Teilnehmenden folgendermaßen:

Umfrage bei den Teilnehmer*innen, eigene Darstellung

Was hat den Studierenden am Workshop besonders gut gefallen?

„Wertvolle, praktisch anwendbare Tipps, Austausch mit anderen.“

„Der Austausch mit den anderen Studierenden & der fachliche lnput.“

„Austausch zwischen den Studierenden, angeleitete Übungen von Frau Glumann, Strukturierung der Thematik durch das Modell von Frau Glumann, Offenheit im Gespräch, persönliche Relevanz des alltäglichen Themas.“

„Der Workshop war reich an fachlich fundiertem lnput und produktiven Diskussionen in Kleingruppen oder im Plenum. Frau Glumann hat den Workshop sehr einfühlsam und professionell geleitet.“

Wie geht es im Mentoring weiter?

Im Mentoring wird am 18. Januar 2021 der Workshop „Körpersprache und Auftreten“ angeboten, am 01. Februar 2021 findet die Abschlussveranstaltung der aktuellen Runde statt.

Im Sommersemester 2021 können sich Masterstudierende im Mentoring über einen Profilbogen bewerben. Sie werden mit Lehrkräften oder Referendar*innen aus beruflichen Schulen vernetzt und können in individuellen Treffen ihre Fragen zum Vorbereitungsdienst (Referendariat) und angehenden Berufsstart stellen. Außerdem wird es auch wieder Workshops zu lehramtsrelevanten Themen geben, zu denen, falls noch freie Plätze frei sind, wieder alle Lehramtsstudierenden am Standort Freiburg und aus den Kooperationsstudiengängen eingeladen werden. Eines können wir schon zusagen: Frau Glumann wird ihren Workshop wieder anbieten.

Kontaktdaten bei Fragen zum Mentoring:

Simone Judith Fesenmeier

Simone Judith Fesenmeier, M. A.
Koordination Mentoring im Höheren Lehramt an beruflichen Schulen
Pädagogische Hochschule Freiburg

Mail: Simone Judith Fesenmeier

Tel: 0761 / 682 – 757

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